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DRITTER TEIL: EINLEITUNG
und für den Menschen frei gesetzten Gesetz der Kultur der
Erde ist das Ewige bloß abgebildet, bloß als irdische Ewigkeit.
Aber nicht umsonst ist das Wort für Kultur und Kult, Erd
dienst und Gottesdienst, Bau des Ackers und Bau des Reichs
in der heiligen Sprache ein und dasselbe. Die Woche ist mehr,
als was sie als menschgesetztes Gesetz der Kultur ist:
irdisches Gleichnis des Ewigen; als gottgesetztes Gesetz des
Kults zieht sie das Ewige nicht bloß gleichnishaft, sondern in
Wirklichkeit hinein ins Heute. Sie kann Keimzelle des Kults
sein, weil sie die erste reife Frucht der Kultur ist. Weil sie
die rein menschlichdrdische Befestigung des flüchtigen Augen
blicks ist, deshalb geht von ihr alle göttlich=überirdische Ver
ewigung des Augenblicks aus. Von ihr aus werden dann auch
der Tag, auch das Jahr Menschenstunden, zeitliche Behau
sungen, in die das Ewige eingeladen wird. In der alltäglich»
allwöchentlich-alljährlichen Wiederholung der Kreise des kul
tischen Gebets macht der Glaube den Augenblick zur »Stunde«,
die Zeit aufnahmebereit für die Ewigkeit; und diese, indem sie
Aufnahme in der Zeit findet, wird selber — wie Zeit.
Wie aber wohnt denn im Gebet diese Kraft, zu erzwingen,
daß die Ewigkeit der Einladung Folge leistet? Ist denn der
Kult mehr als bloß ein Zurüsten der Speisen und Getränke, ein
Decken des Tischs, ein Aussenden des Boten, der den Gast
bitten soll? Wohl verstehen wir, daß die Ewigkeit im Kult
Zeit werden kann, aber daß sie es werden muß, daß sie mit
magischer Gewalt genötigt ist, es zu werden — wie sollen wir
das-verstehen? Auch der Kult scheint nur das Haus zu bauen,
worin Gott Wohnung nehmen mag, aber kann er den hohen
Gast wirklich nötigen, einzuziehen? Ja, er kanns. Denn die
Zeit, die er bereitet zum Besuch der Ewigkeit, ist nicht die
Zeit des Einzelnen, nicht meine, deine, seine geheime Zeit; sie
ist die Zeit Aller. Tag, Woche, Jahr gehören allen gemeinsam,
sind gegründet im Weltlauf der alle geduldig tragenden Erde
und im Gesetz der allen gemeinsamen Arbeit an ihr. Der
Glockenschlag der Stunden kommt zu jedem Ohr. Die Zeiten,
die der Kult bereitet, sind keinem eigen ohne alle andern. Das