VOM REICH
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dieser Menschheit legte, — es solle nicht aufhören der Wechsel
von Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter,
Tag und Nacht —, das erst, die immer neue Wiederholung,
macht die Himmelszeiten zu »Stunden«: die kleinste, die wir
am Himmel ablesen können, durch Wachen und Schlafen, die
größte durch Saat und Ernte. Denn die noch größeren Zeiten
als das Jahr der Sonne sind keine Zeiten mehr, die den immer
wiederholten Wechsel der Erdarbeit und des menschlichen
Lebens fühlbar bestimmen. Im täglich und jährlich immer
wiederholten Dienst der Erde spürt der Mensch in der Ge
meinschaft der Menschen seine irdische Ewigkeit; in der Ge
meinschaft — nicht als Einzelner; als Einzelner spürt er sie
stärker in dem Wechsel der Alter und im Kreislauf von Gat
tung und Geburt.
Zwischen Tag und Jahr ist die Woche gesetzt, am Himmel
begründet durch den Lauf des Mondes, doch längst von ihm
gelöst, selbst dort wo der Wechsel des Monds noch die Mes
sung der Zeiten bestimmt, und so zu einer eigenen rein mensch
lichen Zeit geworden. Und rein menschlich, ohne Grund in der
Schöpfungswelt, wie er beim Tag im Wechsel von Wachen
und Schlafen, beim Jahr im Wechsel von Saat und Ernte vor*
lag, von der Schrift deshalb nur als Gleichnis des Werks der
Schöpfung selber erklärt, ist der Wechsel, der dem Menschen
die Woche zum nunc stans macht, gesetzt als Wechsel von
Werk- und Ruhetag, Arbeit und Beschaulichkeit. So ist die
Woche mit ihrem Ruhetag das rechte Zeichen der menschlichen
Freiheit, für welches sie denn auch die Schrift erklärt, da-wo
sie nicht den Grund, sondern den Zweck sagt. Sie ist die
wahre »Stunde« unter den Zeiten des gemeinsamen mensch
lichen Lebens, für den Menschen allein gesetzt, freigeworden
vom Weltlauf der Erde und doch ganz und gar Gesetz für die
Erde und die wechselnden Zeiten ihres Dienstes. Den Dienst
der Erde, die Arbeit der »Kultur« soll sie rhythmisch regeln
und so im kleinen, in der immer wiederholten Gegenwart, das
Ewige, darin Anfang und Ende Zusammenkommen, im Heute
das Unvergängliche abbilden. In ihr als dem vom Menschen