Full text: Der Stern der Erlösung

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DRITTER TEIL: EINLEITUNG 
Augenblicke nie werden kann: ein in sich zurücklaufender 
Kreis. Nun kann sie 'in sich selber reich an Augenblicken und 
doch immer wieder sich selber gleich sein. Indem eine Stunde 
herum ist, beginnt nicht bloß »eine neue« Stunde, wie ein neuer 
Augenblick den alten ablöst, sondern es beginnt »wieder eine« 
Stunde. Dies Wiederbeginnen aber wäre der Stunde nicht 
möglich, wenn sie bloß eine Folge von Augenblicken wäre, 
wie sie es in ihrer Mitte ja wirklich ist, sondern nur weil sie 
Anfang und Ende hat. Nur der Glockenschlag, nicht das Ticken 
des Pendels stiftet die Stunde. Denn die Stunde ist ganz 
menschliche Stiftung. Die Schöpfung weiß nichts von ihr; erst 
in der Welt der Erlösung beginnen Glocken sie zu schlagen. 
Erst da beginnt sich auch das Wort für Stunde von den Worten 
für Zeit, Zeitabschnitt loszulösen, mit denen es vorher eins 
war. 
In der Stunde also wird ein Augenblick zum stets, wenn er 
vergehen sollte, wieder neu Angehenden und also Unvergäng 
lichen, zum Nunc stans, zur Ewigkeit umgeschaffen. Und nach 
dem Bild der selbstgestifteten Stunde, in welcher der Mensch 
sich von der Vergänglichkeit des Augenblicks erlöst, schafft 
er nun die Zeiten um, welche die Schöpfung seinem Leben 
gesetzt hat. Auch Tag und Jahr, auch Woche und Monat 
werden nun aus Sonnen- und Mondzeiten zu Stunden des 
menschlichen Lebens. Auch sie erhalten nun ihren Anfang und 
ihr Ende, und ein Ende, das unmittelbar wieder zum Anfang 
wird. Nicht die Kreise, welche die beiden Lichter, das große 
und das kleine, am Himmel beschreiben, machen sie zu Zeit- 
weisern für den Menschen; der Kreis allein ohne den festen 
Punkt des Anfangs und Endes wäre noch nichts als die bloße 
Folge der Augenblicke; erst durch die Festlegung jenes 
Punktes, das Fest, wird die Wiederholung, die im Durchlaufen 
der Kreisbahn geschieht, wahrnehmbar. Nicht der himmlische 
Kreislauf, sondern die irdische Wiederholung macht diese 
Zeiten zu Stunden, zu Bürgen der Ewigkeit in der Zeit. Was 
Gott dem Vater des neuen Menschengeschlechts versprach, als 
er den ersten und allgemeinsten Grund seines Bundes mit
	        
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