VOM REICH
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verströmen, sein enges Dasein hier zur Ewigkeit zu er
weitern, und er tuts; aber er fühlt sich in diesem Verlangen
als Diener seines eignen Geschicks, und wenn er bereit ist, die
Mauern der eigenen Person niederzulegen, — den heiligen Be
reich des eigenen Schicksals glaubt er nicht verlassen zu
können und zu dürfen. Was ists also — abermals fragen wir
es — mit dem eigenen Schicksal?
Der Mensch ist ein unteilbarer Teil der teilereichen Welt.
Die Welt wächst durch ihre Alter. Sie hat ihr eigenes Schick
sal. Das Schicksal des Menschen ist ein Teil in diesem Schick
sal. Aber es geht nicht darin auf. Es löst sich nicht darin. Es
ist zwar ein Teil, aber ein unteilbarer. Der Mensch ist Mikro
kosmos. Und so ist sein Schicksal im Schicksal der Welt, das
in den Altern ihres Wachstums heranreift, gleich einem be
stimmten Augenblick im Stronie der Zeit: man kann ihn nicht
vertauschen, nicht verschieben, nicht auflösen in dem Ganzen
des Stroms, er ist ein Teil dieses Ganzen, aber ein unauflös
barer, unteilbarer. Ein Augenblick in den Altern der Welt,
deutlicher vielleicht: eine Stunde; denn dies Schicksal ist voll
von mannigfaltigem Inhalt, und die Stunde, die geschlagene
Stunde, ist ja die Zeit, die der Mensch selber in den Zeitlauf
der himmlischen Zeichen wie ein Stehendes hineinstellt als
Gefäß des eignen zusammenhängenden Erlebens, dessen klein
stes, noch nicht eigenes, erst anzueignendes Element bloß,
nichts weiter, der Augenblick ist. Diese eigene Stunde in den
wachsenden Altern der Welt, die Stunde, die ihm geschlagen,
sie also ist es, die der Mensch erfaßt, der zum eigenen Schick
sal betet. Und weil das so ist, so wird dies Gebet stets erfüllt.
Indem es gebetet wird, schlingt es sich hinein in das Welt
schicksal und ist nie fehl am Ort, nie überreif, nie unreif. Weil
es in der eigenen Stunde geschieht und gar nicht zu einer
fremden Stunde geschehen kann, denn es ist eben Gebet zum
eigenen Schicksal, und nicht zu einem fremden, so ist es stets
in der angenehmen Zeit, der Zeit der Gnade, und ist erfüllt,
wie es gebetet wird. Es wird erfüllt von der Welt her; es ist,
indem der Mensch darin in das eigene Schicksal eingeht, zu