VOM REICH
HZ
zu erbeten nottut, und indem er um das in Schöpfung und
Offenbarung ihm schon gewährte »Eigene« bittet, verpaßt er
den Augenblick, wo er um sein »Nächstes« bitten müßte. Der
Strahl des Scheinwerfers traf allzunah auf seinen Gegenstand,
nämlich noch innerhalb des Kreises des Eigenen, statt auf das,
was dem Selbst nicht mehr Eigenes ist, sondern bloß »wie«
sein Eigenes, »wie« er selbst, — das Nächste.
So ist es, wenn das Gebet hinter der Liebe zurückbleibt,
wenn also der Sünder in uns betet. Das Gebet des Sünders
verzögert so das Kommen des Reichs, indem es aus der Fülle
der Liebe, die der Augenblick der angenehmen Zeit erwartet
und braucht, sich selber durch Bleiben im Eigenen ausschließt.
Das Entgegengesetzte sehen wir am Gebet des Schwärmers,
der in dem Verlangen, die Zukunft des Reichs zu beschleu
nigen, daß sie komme vor der Zeit, das Reich an dem Punkt,
den ihm der Scheinwerfer seines Gebets als den nächsten
zeigt und der immer nur ein übernächster ist, mit Gewalt ein
zunehmen sucht. Ihm verdorrt sein Gebet und seine Liebe,
und so hat auch er schließlich sich selbst dem gnadenreichen
Augenblick, der auf seine wie auf jedes andern Tat wartete,
entzogen und das Kommen des Reichs, das er beschleunigen
wollte, verzögert. So wird also nur das Gebet das Kommen
des Himmelreichs nicht verzögern, das zur rechten Zeit getan
wird Wie aber wird dies Gebet getan? Und gäbe es nur ein
Nichtverzögern? hätte der Schwärmer ganz Unrecht? gäbe es
wirklich gar keine Möglichkeit, das Kommen des Reichs nicht
bloß zu verzögern, sondern zu beschleunigen? Ist sein Gebet
ein bloßes Versuchen der — mit den Worten der Kabbalah
gesprochen — göttlichen Kurzmut, so wie das Gebet des
Sünders die göttliche Langmut versucht? Ist in unserem
Herzen, wenn unser Mund betet, niemand anders außer dem
Sünder und dem Schwärmer? Beten nicht noch andre Stim
men in uns?
»Schaff, das Tagwerk meiner Hände, hohes Glück, daß ichs
vollende« — scheint es doch auf den ersten Blick, dies Gebet