Full text: Der Stern der Erlösung

DRITTER TEIL: EINLEITUNG 
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Tod, als Geschaffener ist er letzthin nicht bestimmt, irgend 
einen andern zu überleben; denn das Leben ist nicht das 
Höchste in der Schöpfung, sondern seine Bestimmung ist, sich 
zu über=sterben; der Tod, nicht das Leben, vollendet das ge 
schaffene Ding zum einzelnen einsamen Ding; er verleiht ihm 
die höchste Einsamkeit, deren es als Ding unter Dingen fähig 
ist. Das Gebet um den Tod des andern verlangt also, der 
andre solle in Ewigkeit bleiben, was er schon von der Welt 
her ist: geschaffenes Ding, — Andrer; indes man selber Selbst, 
zu eigenem Leben erwecktes, und also Überleber schlecht 
weg, Überleber alles ewig »Andern« sein möchte. Eine ewige 
Scheidewand soll zwischen dem Ich bestehen bleiben und 
allen andern. Die Brücke, die vom Ich zum Er, von der Offen 
barung zur Schöpfung führt und über der geschrieben steht: 
Liebe deinen Andern, er ist kein Andrer, kein Er, sondern ein 
Ich wie Du, »er ist wie du«, — diese Brücke weigert sich das 
Ich, das um den Tod des andern bittet, zu betreten; es will 
genau wie der Mystiker, dessen heimliche Sünde der ehrliche 
Sünder, der Verbrecher, frei ausspricht, durchaus in der Offen 
barung bleiben und die Schöpfung den »andern« überlassen; 
so leugnet der Sünder, der offene Verbrecher wie der 
mystische Heimlichtuer, die Erlösung; denn was ist die Erlö 
sung sonst als dies, daß das Ich zum Er Du sagen lernt? 
Dies Gebet, daß der Andre sterben möge, ist also schon 
vor allem Beten erfüllt; denn der Mensch ist schon von der 
Welt her in seinem Eigenen. Nicht also der Inhalt der Bitte ist 
sündhaft; er ist, wie schon die Schöpfung zeigt, gar nicht gegen 
Gottes Willen; sondern daß der Mensch, statt diesen Inhalt in 
seinem Gebet als schon erfüllten zu behandeln und also für 
sein durch das menschlich=geschöpfliche Anderssein aller 
Andern bedingtes Eigensein Gott zu danken, darum.bittet und 
es also als ein noch Unerfülltes behandelt. Denn damit betet 
er zur Unzeit; er hätte vor seiner Schöpfung darum bitten 
müssen; nachdem er geschaffen ist, kann er für das Eigene nur 
noch danken; und bittet er gleichwohl darum, so versäumt er 
die Gnadenzeit für das Erbeten dessen, was ihm gegenwärtig
	        
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