Full text: Der Stern der Erlösung

VOM REICH 
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mancher noch, ja selbst die meisten, den Zoll der Sterblichkeit 
einmal zahlen mögen, weil sie noch nicht reit waren für 
die beseelende Wirkung der Liebe, irgendwie kommt doch 
durch den lückenlosen Zusammenhang aller Gegenstände die 
Wirkung auch jenem Gegenstand zugute, der im Augenblick 
wirklich der »nächste« ist, sei es nun, daß das wirklich der 
war, den das blind tastende Gefühl dafür halten mußte, sei es 
irgend ein anderer; und der ist dann als der wahrhaft nächste 
reif zur Empfängnis der Seele. Dieser wahrhaft nächste, für 
den also alles davon abhängt, daß die Liebe ihn auch wirklich 
findet, denn er ist in dem wachsenden Leben der Welt grade 
so weit getragen, daß für ihn die Zeit, seine Zeit, gekommen 
ist — dieses Nächste wird auch immer wirklich gefunden. Es 
könnte nur in einem Falle nicht gefunden werden: wenn die 
Liebe, statt als blinde vom Gefühl geleitete Liebe Schritt für 
Schritt vom Menschen aus hinauszuströmen, einen ihr in plötz 
licher Erleuchtung gezeigten Gegenstand im Sprung zu er 
reichen suchte. Denn der Sprung überspringt. Und wäre in 
dem Übersprungenen das, dessen Zeit grade gekommen wäre, 
dann allerdings würde eine Tat der Liebe ins Leere verströmt 
sein. Denn der Weg rückwärts ist der Weg, den sie, rück 
sichtslos wie sie ist, nie gehen kann. Und diese Gefahr liegt 
im Gebet. 
Das Gebet nämlich, wenn es erleuchtet, zeigt dem Auge 
das fernste Ziel; aber weil der Beter auf dem bestimmten 
Standpunkt seiner Persönlichkeit steht, so erscheint dies allen 
gemeinsame fernste Ziel hinter einem Vordergründe von ganz 
persönlicher Perspektive, eben der Perspektive dieses Stand 
punkts. Die Unmittelbarkeit nun, mit der statt der gefühlten 
Nähe des Nächsten jetzt die gesichtete Ferne des Fernsten er 
fahren wird — denn sie erscheint nicht dem vom verlangenden 
Zweckwillen aufgerissenen, sondern dem in der Empfänglich 
keit des Gebets erleuchteten Auge — diese Unmittelbarkeit er 
möglicht freilich der Liebe, sich unmittelbar auf diesen Gegen 
stand zu richten. Er ist ihrem erleuchteten Auge so nah wie 
dem fühlenden Herzen sein Nächster. Aber da ihr in der Er-
	        
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