Full text: Der Stern der Erlösung

VOM REICH 
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Antrieb habe, sich in allen Anfechtungen sein Vertrauen zu be 
wahren, und nicht auf die unsterbliche Stimme von Hiobs 
Weib höre, die ihm zuredet: fluche Qott und stirb! 
Der Mensch muß also wissen, daß er bisweilen versucht 
wird um seiner Freiheit willen. Er muß lernen, an seine Frei 
heit zu glauben. Er muß glauben, daß sie, wenn sonst viel 
leicht auch überall beschränkt, Gott gegenüber ohne Grenzen 
ist. Gottes Gebot selber, gegraben in steinerne Tafeln, es muß 
ihm, nach einem unübersetzbaren Wortspiel der Alten, »Frei 
heit auf Tafeln« sein. Alles, heißt es ebenda, alles liegt in 
Gottes Hand, nur eines nicht: die Furcht Gottes. Und diese 
Freiheit, worin soll sie sich kühner bekunden als in der Gewiß 
heit, Gott versuchen zu können? So kommen wirklich im Gebet 
von beiden Seiten, von Gottes wie von der Seite des 
Menschen, die Möglichkeiten des Versuchens zusammen; das 
Gebet ist eingespannt zwischen diese zwei Möglichkeiten; in 
dem es sich vor Gottes Versuchung fürchtet, weiß es doch in 
sich die Kraft, Gott selber zu versuchen. 
Aber was ist es mit dieser Kraft des Gebets? Hat also wirk 
lich der Mensch Gewalt über Gott und kann im Gebet dem 
Schöpfer in den ausgereckten Arm fallen, der Liebe des Offen- 
barers sein Gesetz auflegen? Unmittelbar doch schwerlich, 
sonst wäre der Schöpfer nicht Schöpfer, der Offenbarer nicht 
Offenbarer. Aber anders könnte es sein, insofern das Werk 
des Schöpfers und die Tat des Offenbarers sich zueinander 
finden in der Erlösung. Da allerdings könnte es wohl ge 
schehen, daß der Mensch gewalttätig eingriffe in das Walten 
der göttlichen Macht und Liebe; denn die Erlösung ist ja eben 
nicht unmittelbar Gottes Werk oder Tat, sondern wie Gott der 
Schöpfung die Kraft gab, in sich selber lebendig zu wachsen, 
so befreite er in seiner Liebe die Seele zur Freiheit der 
Liebestat. 
Aber nicht jene Freiheit der Liebestat eigentlich ist es, die 
in Gottes Walten eingriffe. Sie ist ja selber von Gott gewollt; 
es ist Gottes Gebot, den Nächsten zu lieben. Sondern wirklich
	        
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