Full text: Der Stern der Erlösung

ERLÖSUNG 
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lung lag jenseits; nur insofern sie in der Seele des Einzelnen 
geschah, war das Gebet, als Betenkönnen, schon selber seine 
eigene Erfüllung. Aber das Reich, nach dessen Kommen alles 
Gebet, auch das Stoßgebet des Einzelnen, unbewußt schreit, die 
sichtbare Darstellung des bloß im Allerheiligsten der Seele 
Erlebten, kommt nicht in der Offenbarung, und so bleibt das 
Gebet ein Seufzer in Nacht. Jetzt ist die Erfüllung unmittel 
bar da; in der im Dank geschehenen Vereinigung der Seele 
mit aller Welt ist das Reich Gottes, das ja eben nichts ist als 
die wechselweise Vereinigung der Seele mit aller Welt, ge 
kommen und alles jemals mögliche Gebet erfüllt. Der Dank 
für die Erfüllung jeglichen Gebets geht allem Gebet, das nicht 
Stoßgebet aus der zweieinsamen Nähe der Seele zu Gott ist, 
voraus; die allgemeinsame Anerkennung der väterlichen. Güte 
Gottes ist der Grund, auf dem sich alles gemeinsame Beten 
erhebt. Von diesem gemeinsamen Gebet gilt also, daß es er 
füllt ist, nicht wie das Stoßgebet aus der einsamen Tiefe der 
Not, indem es sich hervorringt, indem die Seele beten kann; 
sondern es ist erfüllt, ehe es gebetet wird; seine Erfüllung 
wird in Dank und Lob vorweggenommen; der gemeinsame 
Dank ist schon die Erfüllung alles dessen, worum gemeinsam 
gebetet werden kann, und das Kommen dessen, um wessent- 
willen allein alle einzelnen Bitten mit der zwingenden Macht 
der Gemeinsamkeit sich vor das Angesicht Gottes wagen 
dürfen: nämlich des Reichs. Das gemeinsame Bekenntnis und 
Lob muß allem gemeinsamen Beten vorangehen als seine Er 
füllung. 
Aber freilich diese Erfüllung geht nur voran, sie ist nur 
vorweggenommen. Wäre es möglich, nur um das Kommen 
des Reichs und um weiter nichts zu beten, so wäre diese im 
Dank vorweggenommene Erfüllung nicht vorweggenommen, 
sondern dann w,äre Preis und Dank nicht bloß das erste Ge 
fühl, sondern das einzige; denn dann — wäre das Reich schon 
da; die Bitte um sein Kommen brauchte nicht gebetet zu 
werden, das Gebet wäre zu Ende mit seinem ersten Wort, dem 
Lob. Aber so ist es nicht; es ist noch nicht möglich, der Ge
	        

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