ERLÖSUNG
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Gegenstand ihrer Tat, daß das Gute nur möglich wäre in einer
Welt, die schon gut ist, daß der Einzelne nicht gut sein kann,
ohne daß Alle gut sind — und daß doch andrerseits es in der
Welt, nach dem großen Wort der preußischen Königin, nur gut
werden kann durch die Guten. Es ist unlösbar; denn Mensch
und Welt sind nicht voneinander zu lösen. Das Wirken ent
bindet die Tat aus dem Menschen, aber bindet die entbundene
auch wieder hinein in die Welt. Und das Warten entbindet
das Reich aus der Welt; denn wartete sie nicht, so schritte sie
»fort« ins Unendliche und das Reich käme nimmer; aber dies
Warten bindet auch wieder das Entbundene an das Wirken
des Menschen. Aus dieser wechselweisen Bindung können sie
also selber sich nicht lösen; denn indem sie sich selber ent
binden, binden sie sich nur fester in- und aneinander. Sie
können sich selber nicht von einander lösen, sie können nur
miteinander — erdöst werden, erlöst von einem dritten, der
eines am andern, eines durch das andere erlöst. Zu Mensch
und Welt gibt es nur Einen Dritten, nur Einer kann ihnen
Erlöser werden.
Solch Miteinander gibt es nur hier. Von Gott zur Welt, von
Gott zum Menschen — das war jedesmal ein Gang in eindeu
tiger Richtung. Gott mußte sie schaffen, damit die Welt als ent
zauberte Kreatur sich unter die Fittiche seiner Vorsehung
schmiegen konnte. Gott mußte ihn beim Namen rufen, damit
der Mensch als erschlossene Seele den Mund auftat. Hier
allein sind die beiden Pole von vornherein aufeinander ver
wiesen, und alles, was zwischen ihnen vorgeht, geht gleich
zeitig in beiden vor. Die Entdeckung des Dings geschah in der
Reihe der Worte vom Stammwort der Dinghaftigkeit bis hin
zum vollendeten Ding. Die Erweckung der Seele geschah in
der Wechselrede, die anhub beim erwachenden Stamm-Ich
ihres Erweckers. Aber die Erlösung der Seele an den Dingen,
der Dinge durch die Seele geschieht im gleichatmenden Zwie-
gesang der beiden, im Satz, der aus den Stimmen der beiden
Worte zusammenklingt. In der Erlösung schließt das große
Und den Bogen des All.