ERLÖSUNG
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es, was sich im Lebendigen zu einem Dauernden, Gestalteten,
Festen macht. Während jene Fülle unter dem Zeichen des
Nein entsprang, also vergänglich an sich war, verlangt das
Lebendige, wie es nun unterm Zeichen der Bejahung hervor
trat, nach Ewigkeit. Es will in seiner Gestalt beharren. Ohne
jene bestürzende Fülle des Kosmos nicht die gegründete Tiefe
des lebendigen Reichtums. Wäre diese Fülle nur starres »Ge
gebenes«, wie es der Idealismus will, so wäre sie nicht der
vorweltliche Boden, auf dem die Lebendigkeit des Reichs
wachsen könnte; denn alles Flervortreten ins Offenbare muß
innere Umkehr' sein; aus Starrem könnte also nur Beweg
liches, immer sich Verwandelndes wachsen. Nur aus der stets
erneuten Fülle wächst die ruhig dauernde, ihre Gestalt aus
Vergangenheit in Zukunft überliefernde Lebendigkeit. Nicht
die Erzeugung eines toten Seins aus allgemeinem, denkmäßi
gem Gesetz, nur der plastische Kosmos in seiner ganz bunten
Tatsächlichkeit kann sich zum Reich verkehren. Wie der cha
raktervolle Trotz des Helden allein die Wurzel war, aus der
die Treue des gotthingegebenen und weltzugewandten Heili
gen aufschießen konnte, und der lebendige Gott des Mythos
allein der Boden für den liebenden Gott der Offenbarung,
so konnte nur im Weltreich des Kaisers Augustus, dieser
politischen Verwirklichung des plastischen Weltbildes des
Heidentums, das Heraustreten des Reichs Gottes in die Welt
beginnen.
Zur Lebendigkeit bestimmt ist die Welt schon von Anfang.
Wie zum Wahrzeichen dieser Bestimmung verliert sich der
Anfang des Organischen im Grau der Vergangenheit und ist
selbst auf dem Wege des Schließens nicht zu fassen. Aber was
so von uran lebendig ist, sind eben nur Zentren des Lebens. Die
Lebendigkeit muß also zunehmen, mit innerer Notwendigkeit
muß sie es; auch dieses Muß ist von uran. Zwar nicht fertig
ist die Welt im Anfang geschaffen, aber mit der Bestimmung,
fertig werden zu sollen. Die Zukunft ihres Fertigwerdens ist
mit ihr zugleich geschaffen als Zukunft. Oder, um von dem
Anteil der Welt allein zu sprechen, auf den das Fertigwerden