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ZWEITER TEIL: ZWEITES BUCH
Liebenden? Ihr Wiederlieben ist nur, daß sie sich lieben läßt.
Der Liebe des Liebenden antwortet von ihr kein Dank; dankt
das Geliebte, so kann sich sein Dank nicht auf den Liebenden
richten, sondern er muß sich Auswege suchen nach andern
Seiten, symbolische Auswege gewissermaßen; die Liebe
möchte Dankopfer bringen, weil sie fühlt, nicht danken zu
können. Vom Liebenden kann sie sich nur lieben lassen,
weiter nichts. Und so empfängt die Seele die Liebe Gottes.
Ja allein für die Seele und die Liebe Gottes gilt dies alles
im strengen Sinne. Zwischen Mann und Weib gehen, je
höhere Blüten die Pflanze der Liebe zwischen ihnen ansetzt,
je mehr sie recht als ein Palmbaum über sich steigt und sich
von ihren unterirdischen Wurzeln entfernt, die Rollen des
Liebe Gebenden und Liebe Empfangenden hin und her, ob
wohl von den Wurzeln der Geschlechtlichkeit her sich immer
wieder das eindeutige Verhältnis der Natur wiederherstellt.
Aber zwischen Gott und der Seele bleibt das Verhältnis immer
das gleiche. Gott hört nie auf zu lieben, die Seele nie, geliebt
zu sein. Der Seele wird der Friede Gottes gegeben, nicht
Gott der Friede der Seele; und Gott schenkt sich der Seele
hin, nicht die Seele hier sich Gott; wie sollte sie das auch?
beginnt doch erst in der Liebe Gottes aus dem Fels des Selbst
die Blume der Seele zu wachsen; vorher war der Mensch
fühllos und stumm in sich gekehrt; nun erst ist er — geliebte
Seele.
Geliebt? Ists die Seele? Kann sie es sein? Ist die Liebe
Gottes etwas, wovon nichts mehr sie scheiden kann? Kann
sie aus diesem Ruhen in Gott nicht mehr herausgestoßen wer
den? Ist sie immer bei ihm, kann er sein Angesicht nicht von
ihr abwenden? Ist ihre Gottgeliebtheit ein so festes Band,
daß sie gar nicht fassen kann, daß Gott es auch einmal wieder
lösen könnte? Was ist es denn, was dieser scheinbar doch
rein passiven Eigenschaft des GeliebLseins die Kraft gibt,
Eigenschaft, wesentliche Eigenschaft, einmal der Seele eigen
und nun auf immer untrennbar von ihr zu sein? Solch Pas