Full text: Der Stern der Erlösung

VOM ALL 
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selber zum Abschluß kommt. Denn als einen Abschluß muß 
man es wohl bezeichnen, wenn dies Wissen nicht mehr bloß 
seinen Gegenstand, das All, sondern auch sich selber restlos, 
wenigstens nach seinen eigenen Ansprüchen und in seiner 
selbsteigenen Weise restlos, umgreift. Das ist geschehen in 
Hegels Einziehung der Philosophiegeschichte ins System. 
Weiter scheint das Denken nicht mehr gehen zu können, als 
daß es sich selber als die innerste Tatsache, die ihm bekannt 
ist, nun als einen Teil des Systembaus, und natürlich als den 
abschließenden Teil, sichtbar hinstellt. Und eben in diesem 
Augenblick, wo die Philosophie ihre äußersten formellen Mög 
lichkeiten erschöpft und die durch ihre eigene Natur gesetzte 
Grenze erreicht, scheint nun, wie schon bemerkt, auch die 
große vom Gang der Weltgeschichte ihr aufgenötigte Frage 
nach dem Verhältnis von Wissen und Glauben gelöst zu 
werden. 
Wohl schien auch bisher schon mehr als einmal der Friede 
zwischen den beiden feindlichen Mächten geschlossen, sei es 
auf Grund einer reinlichen Scheidung der beiderseitigen An 
sprüche, sei es in der Weise, daß die Philosophie in ihrem 
Arsenal die Schlüssel zu besitzen meinte, vor denen die Ge 
heimnisse der Offenbarung sich auftaten. In beiden Fällen 
ließ also die Philosophie die Offenbarung für Wahrheit gelten, 
im einen für eine ihr unzugängliche, im andern für eine von 
ihr bestätigte Wahrheit. Aber beide Lösungen genügten nie 
für lange. Gegen die erste erhob sich stets sehr bald der Stolz 
der Philosophie, der es nicht ertragen konnte, ein Tor als ver 
schlossen anzuerkennen; gegen die zweite Lösung aber mußte 
umgekehrt der Glaube aufbegehren, dem es nicht genügen 
konnte, so im Vorbeigehn von der Philosophie als eine Wahr 
heit unter andern erkannt zu werden. Etwas ganz andres 
aber war es, was nun die Hegelsche Philosophie zu bringen 
verhieß. Weder Scheidung noch bloße Übereinstimmung 
wurde behauptet, sondern innerlichster Zusammenhang. Die 
wißbare Welt wird wißbar durch das gleiche Denkgesetz, das
	        

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