Full text: Der Stern der Erlösung

VOM ALL 
er der Umnebelung mit derrrEin- und Allbegriff keinen Wider 
stand mehr entgegensetzt. Einmal in diesen Nebel alles ein 
gesponnen, wäre freilich der Tod verschlungen, wenn auch 
nicht in den ewigen Sieg, so doch in die eine und allgemeine 
Nacht des Nichts. Und es ist der. letzte Schluß dieser Weis 
heit: der Tod sei — Nichts. Aber in Wahrheit ist das kein 
letzter Schluß, sondern ein erster Anfang, und der Tod ist 
wahrhaftig nicht, was er scheint, nicht Nichts, sondern ein un 
erbittliches, nicht wegzuschaffendes Etwas. Auch aus dem 
Nebel, mit dem ihn die Philosophie umhüllt, tönt ungebrochen 
sein harter Ruf; in die Nacht des Nichts mochte sie ihn wohl 
verschlingen, aber seinen Giftstachel konnte sie ihm nicht 
ausbrechen, und die Angst des vor dem Stich dieses Stachels 
zitternden Menschen straft allezeit die mitleidige Lüge der 
Philosophie grausam Lügen. 
Indem aber die Philosophie die dunkle Voraussetzung alles 
Lebens leugnet, indem sie nämlich den Tod nicht für Etwas 
gelten läßt, sondern ihn zum Nichts macht, erregt sie für sich 
selbst den Schein der Voraussetzungslosigkeit. Denn nun hat 
alles Erkennen des All zu seiner Voraussetzung — nichts. Vor 
dem einen und allgemeinen Erkennen des All gilt nur noch das 
eine und allgemeine Nichts. Wollte die Philosophie sich nicht 
vor dem Schrei der geängsteten Menschheit die Ohren ver 
stopfen, so müßte sie davon ausgehen — und mit Bewußtsein 
ausgehen —: daß das Nichts des Todes ein Etwas, jedes neue 
Todesnichts ein neues, immer neu furchtbares, nicht weg 
zuredendes, nicht wegzuschweigendes Etwas ist. Und an Stelle 
des einen und allgemeinen, vor dem Schrei der Todesangst 
den Kopf in den Sand steckenden Nichts, das sie dem einen 
und allgemeinen Erkennen einzig vorangehen lassen will, 
müßte sie den Mut haben, jenem Schrei zu horchen und ihre 
Augen vor der grauenhaften Wirklichkeit nicht zu verschließen. 
Das Nichts ist nicht Nichts, es ist Etwas. Im dunkeln Hinter 
grund der Welt stehen als ihre unerschöpfliche Voraussetzung 
tausend Tode, statt des einen Nichts, das wirklich Nichts wäre.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.