176
ZWEITER TEIL: ERSTES BUCH
gung« schon nahegelegt wird. Keines der großen idealisti
schen Systeme hat diesen Begriff vermeiden können. Als
»Ding an sich«, »Mannigfaltiges der Sinnlichkeit«, »Gegebenes«,
als »Widerstand«, als »schlechte Unendlichkeit«, immer wieder
taucht das Chaos vor der Schöpfung auf, ohne welches das
absolute Subjekt keinen Grund hätte, aus sich und seiner Ab
solutheit »herauszugehen«.
Hier wird nun nebenher deutlich, was es mit dem Begriff
der -»Schöpfung aus nichts«, den wir zuvor nicht recht ge
brauchen konnten, auf sich hat. Er enthält die Leugnung des
Chaos. Wir sehen, wie die Behauptung des Chaos bei jeder
»vernunftgemäßen« Theorie des Ursprungs der Welt, sowohl
bei der Erzeugung wie bei der Emanation, nicht zu umgehen
ist, weil diese Theorien einen Weltbegriff nach dem Symbol
A=B fordern, einen Weltbegriff also, wo das Besondere als
Aussage, das Allgemeine als Aussagegegenstand gesetzt ist.
Der Aussagesatz wird immer nur verständlich, wenn die Aus
sage »schon länger« bekannt ist als ihr Gegenstand; so wird
das Besondere hier zur Voraussetzung der Erzeugung des
allgemeinen Daseins. Würden wir nun diesen Weltbegriff dem
unsern entgegenstellen, wo das Besondere B der Aussage
gegenstand und das Allgemeine A, das ja auch im Schöpfer ist,
die Aussage bedeutet, so wäre ohne weiteres klar, wie die
chaotische Fülle des Besonderen in der Schöpfung das Erst
geschaffene ist und das Allgemeine die vom Schöpfer hinge
stellten, »gegebenen« Gefäße, auf die das in der Schöpfung frei
hervorsprudelnde Besondere abgefüllt wird. Bei einer echten
Entgegensetzung der Weltbegriffe würde also der Begriff der
»Schöpfung aus nichts« vollkommen am Platze sein.
Aber wir nehmen eine solche Entgegensetzung nicht vor.
Wir entwickeln die Schöpfung nicht als den wissenschaftlichen
Weltbegriff; wie könnten wir ein Geschehen, das uns bloß
zwei »Elemente« der Welt in Beziehung setzt und das dritte
gar nicht berührt, schon als solches gelten lassen? Täten wir
es, dann freilich wäre die Gegenüberstellung notwendig. Aber