SCHÖPFUNG
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Rekurs auf Gott. Zwischen Gott und Welt schien ebensogut
das Verhältnis der Erzeugung walten zu können wie das der
Schöpfung. Und Gott schien gemäß seinem Begriff der Un
bedingtheit wohl geeignet, Ursprung und Bedingung des Da
seins der Welt darzustellen. Denn als unbedingte Bedingung,
als ursprungloser Ursprung, als reines nur sich selbst
gleiches A — um die mathematischen Symbole hier wieder
aufzunehmen, deren Wiederauftauchen bald erklärt werden
soll —, als A = A also, mußte der Erzeuger so gut gefaßt wer
den wie der Schöpfer.
Sollte er also Erzeuger sein, so mußte sich das zunächst
in einer Veränderung des mathematischen Weltsymbols aus
wirken; die Welt, um mit ihrem Ursprung rational vergleich
bar zu sein, durfte nicht als B=A, sondern als A=B gefaßt
werden, — eine Umkehrung, die dem Schöpfungsgedanken
fremd war, der vielmehr die Welt in ihrer elementaren
Gestalt aufnahm und nur in dem Heraustreten ihres In
halts aus der Ruhe der Fertigkeit in die Bewegung
des Geschehens eine Umkehrung, nicht des Ganzen,
sondern der Stücke, eintreten ließ. Hier hingegen muß
das Ganze, die Welt selber, umgekehrt gefaßt werden;
denn nur auf eine Welt, die A »ist« und als B nur bestimmt
wird, ist jene rational begreifliche Einwirkung eines Gottes,
der A »ist«, möglich; eine »Proportion« kann nur zwischen A
(*A) und A (=B), also zwischen zwei verschiedenen A, be
stehen, nicht zwischen A (=A) und B (=A), zwischen einem A
und einem B. Nur eine Welt, die A (=B) ist, kann aus dem
Gott, der A (=A) ist, hervorgeströmt, »emaniert« sein. Und
Emanation, Herniederströmen der Welt aus Gott und, in der
Welt, immer wieder neuer Ströme aus dem jeweils zuletzt
Hervorgeströmten, das ist die Vorstellung, die weltgeschicht
lich zuerst mit dem Schöpfungsgedanken der Offenbarung zu
konkurrieren versuchte. Jedem Neuhervorströmenden ist das,
aus dem es herniederströmt, wieder ein Gleichnis des gött
lichen Ursprungs des Ganzen, und es selber sich ein Gleichnis
des ursprünglichen Herniederströmens der Welt; jedem ist