SCHÖPFUNG
EL
Augenblick zu erschaffen, genau als wenn es das Allgemeine
selber wäre. Die Vorsehung besteht hier also in unendlich
vielen zersplitterten Schöpfungsakten, die, unter sich zusam
menhanglos, jeder das Schwergewicht einer ganzen Schöpfung
haben.
Das ist die Lehre der herrschenden orthodoxen Philosophie
im Islam gewesen. Auf das Einzelne stürzt hier in jedem
Augenblick der ganze Anprall der göttlichen Schöpfermacht. Es
wird nicht jeden Augenblick »erneuert«, sondern jeden Augen
blick gleich mit Haut und Haaren »erschaffen«. Es kann sich
nicht retten vor dieser furchtbaren, in ihre Infinitesimale zer
splitterten Vorsehung Allahs. Während der Gedanke der
Welt s »Erneuerung« dem Einzelnen, gerade weil er es nur im
Ganzen mitfaßt, den Zusammenhang mit der einen Schöpfung
und dadurch mit der Einheit des Daseins wahrt und also die
Vorsehung auf die Schöpfung gründet, zerstört diese Auf
fassung der Vorsehung als der ständigen schöpferischen Ein
griffe jede Möglichkeit solchen Zusammenhangs; dort ist die
Vorsehung als ereignishafte Erneuerung der Schöpfungstat die
Erfüllung des in der Schöpfung wesentlich Angelegten; hier
ist sie, als trotz ihrer Augenblicklichkeit in jedem Fall wieder
wesenhafter Eingriff in die Schöpfung, eine fortwährende Kon
kurrenz von Schöpferakten mit der Einheit der Schöpfung,
eigentlich eine von Gott dem Weltherrscher gegen Gott den
Schöpfer gerichtete — Magie, nicht ein von Gott dem Welt
herrscher für Gott den Schöpfer getanes Zeichen. Trotz des
heftig und hochmütig vorangetragenen Gedankens der Einheit
Gottes gleitet der Islam so in ein, wenn der Ausdruck erlaubt
ist, monistisches Heidentum aus; Gott selbst konkurriert mit
Gott selbst in jedem Augenblick, als wäre es der bunte strei
tende Götterhimmel des Polytheismus.
Um also zusammenzufassen: der Islam behauptet die »be
sondere Vorsehung« in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Kreatürlichkeit der Welt. Der wahre Glaube hingegen be
hauptet im Zusammenhang mit der Kreatürlichkeit nur die all
gemeine Vorsehung und verweist den Gedanken der »be