SCHÖPFUNG
Hl
dieser Eigenschaft aber ist, was man etwa mit Recht sonst
noch als Eigenschaft Gottes bezeichnet, miteingeschlossen.
Was ist die Macht, nachdem sie Eigenschaft geworden ist?
Wir sagten schon: nicht mehr einzelne Tat, nicht mehr Will
kür, sondern Wesen. Gott der Schöpfer ist wesentlich mäch
tig. Sein Schöpfertum also ist Allmacht, ohne Willkür zu
sein. Gott, der in der Schöpfung Sichtbare, kann alles, was er
will; aber er will nur, was er aus seinem Wesen wollen muß.
In dieser Formel, die sich uns hier mit so schlichter Selbst
verständlichkeit ergibt, sind alle Rätsel, die der Schöpfungs
gedanke, soweit er Gott betrifft, jemals aufgegeben hat, gelöst.
Noch nicht so lange ist es her, daß man die Schwierigkeit,
die man im Gedanken der Schöpfung fand, darstellte als
einen Widerspruch zwischen Gottes »Allweisheit« und seiner
»Allmacht«. Wie kann Gott, so fragte man, allmächtig
sein, wenn ihn seine Weisheit doch ständig beschränkt
und ihn verhindern muß, alles zu tun, was er wollen
kann? Wenn man so fragt, so zeigt man, daß man die
Macht irrig als Tat auffaßt, was sie doch nur ist im Ge
heimnis der inneren Selbstgestaltung Gottes; in seiner sicht
bar werdenden Gestalt, wo sie nicht Tat, sondern Wesen ist,
hat sie dies wesenhafte Eingebundensein in eine innere Not
wendigkeit; und nichts anderes als solch Eingebundensein ist
mit dem Begriff einer Gott eigenen Weisheit gemeint. In der
richtig gedachten Eigenschaft der Macht ist die der Weisheit
mitvorgestellt. Eben dies tut jene soeben gefundene Formel,
der Schöpfer könne alles, was er will, aber er wolle nur, was
er aus seinem Wesen wollen muß. In dieser Einpflanzung der
Macht als einer »Eigenschaft« in das Wesen ist aber nun nicht
bloß dies schulmäßig gefaßte Problem des Verhältnisses zur
»Weisheit« gelöst, sondern auch das echte und tiefe, das in
dem Schöpferbegriff steckt: Schafft Gott aus Willkür oder aus
Muß? Beides scheint unvereinbar. Jenes zu bejahen, scheint
eine Forderung des Begriffs der göttlichen Vollkommenheit
und Unbedingtheit; Gott darf von nichts abhängig sein, am
wenigsten von einem, sei es nun äußeren sei es inneren, Be-