VOM WUNDER
III
höchst persönlicher, der des Weltanschauungs-, ja Stand
punktsphilosophen tritt. Hier aber tritt das Bedenkliche der
neuen Philosophie ins hellste Licht, und die Frage, die
Nietzsche entgegengehalten wurde, muß allen ernst zu neh
menden philosophischen Bestrebungen entgegenspringen: ist
das noch Wissenschaft?
Ja, ist das noch Wissenschaft? Ist dieses Betrachten der
Dinge jedes für sich und eines jeden in zahllosen Beziehungen,
bald von jenem, bald von diesem Punkt aus, diese Betrach
tung, deren Einheit höchstens in der Einheit des Betrachters
liegt — und wie fragwürdig ist schon diese! — noch Wissen
schaft? So fragen auch wir, und so fragt sich mit Bestür
zung jeder, der in den philosophischen Erscheinungen der
neueren Zeit regelmäßig entweder das Philosophische oder
das Wissenschaftliche zu kurz kommen sah. So ist hier ein
Bedürfnis der Philosophie fühlbar geworden, das sie offenbar
aus sich selbst heraus nicht befriedigen kann. Soll sie ihren
neuen Begriff nicht wieder preisgeben — und wie könnte
sie das, wo sie nur diesem Begriff ihr weiteres Fortleben über
jenen kritischen Punkt der Lösung ihrer ursprünglichen Auf
gabe hinaus verdankt —, so muß ihr, und zwar gerade
ihrer Wissenschaftlichkeit, Unterstützung von anderswoher
kommen. Sie muß ihre neue Ausgangsstellung, das subjek
tive, ja extrem persönliche, mehr als das, unvergleichbare, in
sich selbst versenkte Selbst und dessen Standpunkt festhalten
und dennoch die Objektivität der Wissenschaft erreichen. Wo
findet sich diese verbindende Brücke zwischen extremster
Subjektivität, zwischen, man möchte sagen, taubblinder
Selbsthaftigkeit und der lichten Klarheit unendlicher Objek
tivität?
Die Antwort muß vorgreifen und auch dann noch auf dem
halben Wege der Andeutung stehen bleiben: Jene Brücke vom
Subjektivsten zum Objektivsten schlägt der Offenbarungs
begriff der Theologie. Der Mensch als Empfänger der Offen
barung, als Erleber des Glaubensinhalts trägt beides in sich.
Und er ist, mag sie es nun wahr haben wollen oder nicht, der