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ZWEITER TEIL: EINLEITUNG
hundert seinem Ideal nicht reif sei, und sich als einen Bürger
derer, welche kommen werden, fühlte, so band der neue
Glaube den gegenwärtigen Augenblick des inneren Durch
bruchs der Gnade fest in das Vertrauen auf ihre zukünftige
Auswirkung im Leben. Ein neuer Glaube, auch wenn er, wie
es wohl geschah, die Sprache Luthers zu reden suchte. Denn
einerseits gab er Luthers Verankerung des lebendigen Glau
bens in dem festen Grund der Vergangenheit preis und ver
suchte den Glauben ganz in die Gegenwart des Erlebnisses zu
sammeln, und andererseits ließ er dies gegenwärtige Erlebnis
mit einer der Lutherschen Lehre gradezu entgegengesetzten
Betontheit in die Zukunft des »praktischen« Lebens münden,
ja meinte wohl, dem Glauben in diesem hoffnungsvollen Ver
trauen auf Auswirkung ins Zukünftige, die für Luthers Pau
linismus höchstens Folge des Glaubens sein durfte, selbst
den objektiven Halt zu geben, den Luther ihm durch die Be
gründung auf die schriftbezeugte Vergangenheit zu geben ver
sucht hatte. Diese Hoffnung auf das zukünftige Reich der
Sittlichkeit wurde der Stern, nach dem der Glaube seine Welt
fahrt richtete. Man muß hören, wie der große Sohn dieser
Epoche, Beethoven, im Credo der Missa solemnis die Worte
von der vita venturi saeculi in immer neuen Wiederholungen
herausjubelt, als ob sie Krone, Sinn und Bestätigung des
ganzen Glaubens wären. Und eben dieser Hoffnung des neuen
Glaubens sekundierte als weltlicher Sekundant, und freilich
auch Nebenbuhler, der Fortschrittsgedanke der neuen Welt
anschauung.
In Schleiermacher hat dies ganze System von Verleugnung
des fortdauernden Wertes der Vergangenheit und Verankerung
des allzeit gegenwärtigen Erlebens des gläubigen Gefühls in
die ewige Zukunft der sittlichen Welt seinen klassischen Ver
treter gefunden. Alle folgende Theologie hat sich mit ihm
auseinanderzusetzen gehabt. Seine Grundstellung hat sie kaum
erschüttert. Aber im einzelnen War dies Gedankengebäude
noch fragwürdig genug. Denn man konnte zwar die von
Wundern und also nun von Zweifeln überlastete Vergangen