io8
ÜBERGANG
nehme in der geistbewegten Welt, wie denn der Gott in seiner
Schrankenlosigkeit es aushalte neben einer in sich geschlos
senen Welt, einem in sich einsamen Menschen, wie denn diese
Welt in ihrer ruhigen Gestalthaftigkeit noch Raum lasse für
unendliches Leben Gottes, ein eigenes Sein des Menschen,
fragst du solche Fragen, so stürzt ein ganzer Schwarm von
Wenns als Antwort auf dich ein. In ruhiger Festigkeit mögen,
ehe du fragst, die drei Elemente nebeneinander zu liegen
scheinen, jedes in einem gegen außen blinden Ein- und All
gefühl des eigenen Daseins. Hierin sind sie alle drei unter
einander gleich. Auch Gott, auch die Welt, nicht der Mensch
allein, sind jedes ein einsames Selbst, das in sich starrend von
keinem Draußen weiß; auch Mensch und Welt, nicht Gott nur,
leben in der innerlichen Lebendigkeit ihrer eigenen Natur,
ohne eines Seins außer dem eigenen zu bedürfen; auch Mensch
und Gott, nicht bloß die Welt, sind in sich geschlossne Gestalt
und eignen Geists begeistet.
So scheinen alle Grenzen und Unterschiede zu ver
schwimmen; jedes Teil setzt sich monistisch als das Ganze.
Aber es sind eben doch drei Monismen, drei Ein- und All
bewußtseine, die hier nebeneinander aufschießen; drei Ganze
waren wohl möglich, drei Alls sind undenkbar. Und so muß
die Frage nach den Verhältnissen denn doch gefragt werden.
Aber eben sie steigert die Verwirrung aufs höchste. Denn es
gibt kein Verhältnis, das hier ausgeschlossen wäre. Es gibt
keine feste Ordnung zwischen den drei Punkten Gott, Welt,
Mensch; es gibt kein Oben und Unten, kein Rechts und Links.
Zu keiner Ordnung der dreie sagt das heidnische Bewußtsein
entschlossen Ja oder Nein. Jede wird durchprobiert. Aus
den Wenns springen die Vielleichts. Ist Gott der Schöpfer der
Welt, der sich selbst dem Menschen offenbarend Mitteilende?
Vielleicht; Platon lehrt die Schöpfung und mancher Mythologe
Europas und Vorderasiens mit ihm; in Hunderten Orakel
stätten, auf Tausenden Altären, im zuckenden Eingeweide des
Opfers, im Flug der Vögel, im stillen Wandel der Sterne —
überall spricht der Mund der Götte'r zum Menschen, überall