METAETHIK
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senkten »B=B« führt kein Weg hinaus ins tönende Freie, alle
Wege nur tiefer ins Schweigen des Innern hinein.
U nd dennoch, eine Welt gibt es, wo dies Schweigen selber
schon Sprache ist, nicht freilich Sprache der Seele, aber
dennoch Sprache, eine Sprache vor der Sprache, Sprache des
Unausgesprochenen, Unaussprechlichen. Wie das Mythische
der metaphysischen Theologie in der ausschließenden Ab
geschlossenheit der äußeren Form das Reich des Schönen, wie
das Plastische der metalogischen Kosmologie in der Insich-
geschlossenheit der inneren Form das Kunstwerk, das schöne
Ding, gründete, so legt das Tragische der metaethischen Psy
chologie in dem beredten Schweigen des Selbst den Grund des
wortlosen Verstehens, auf dem die Kunst erst eine Wirklich
keit werden kann. Der Gehalt ist es, der hier entsteht. Der
Gehalt ist das, was zwischen dem Künstler und dem Be
trachter, ja zwischen dem Künstler als lebendigen Menschen
und dem Künstler, der über seine Lebendigkeit hinaus das
Werk in die Welt setzt, die Brücke schlägt. Und dieser Gehalt
ist nicht die Welt, denn die ist zwar allen gemeinsam, aber
so, daß jeder seinen individuellen Anteil, seinen besonderen
Standpunkt in ihr hat. Der Gehalt muß etwas unmittelbar
Gleiches sein, etwas, was die Menschen nicht untereinander
teilen wie die gemeinsame Welt, sondern etwas, was in allen
gleich ist. Und das ist nur das Menschliche schlechthin, das
Selbst. Das Selbst ist das, was im Menschen zum Schweigen
verurteilt ist und dennoch überall sofort verstanden wird. Es
braucht bloß sichtbar gemacht, bloß »dargestellt« zu werden,
um in jedem andern gleichfalls das Selbst zu erwecken. Es
selber verspürt dabei nichts, es bleibt gebannt in die tragische
Lautlosigkeit, es starrt unverwandt in sein Inneres; wer es
aber sieht, in dem erwachen, wie es wiederum schon Ari
stoteles voll ahnenden Tiefsinns formulierte, »Furcht und Mit
leid«. Im Beschauer werden sie wach und richten sich sofort
in sein eigenes Innere, machen ihn zum Selbst. Würden sie
im Helden selber wach, so hört er auf, stummes Selbst zu