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ERSTER TEIL: DRITTES BUCH
Diese Grenze des attischen Dramas ist nun freilich keine
bloß technische. Das Selbst kann eben nur schweigen. Allen
falls kann es noch sich lyrisch-monologisch zu äußern suchen,
obwohl ihm schon diese Äußerung, eben als Äußerung, nicht
mehr.ganz angemessen ist; das Selbst äußert sich nicht, es
ist vergraben in sich. Aber sowie es ins Gespräch tritt,
hört es auf, Selbst zu sein; Selbst ist es nur, solang
es allein ist. So büßt es im Dialog selbst den Anlauf zu
einer Sprache ein, den es im Monolog schon genommen hatte.
Der Dialog bringt keine Beziehung zwischen zwei Willen zu
stande, weil Jeder dieser Willen nur seine Vereinzelung wollen
kann. So kommt es, daß das attische Drama das technische
Glanzstück des modernen, die Überredungsszene, wo ein
Wille einen andern Willen bricht und lenkt, die Szene etwa,
wo »in solcher Laun’ ein Weib gefreit« wird, nicht kennt.
Auch die vielbemerkte Tatsache, daß der antiken Dramatik
die Liebesszene fremd ist, findet hier ihre letzte, zugleich
technische und geistige Erklärung; die Liebe kann höchstens
monologisch als unerfülltes Verlangen erscheinen; Phädras
Unglück des erwiderungslosen Gefühls ist antik bühnenmög
lich, Julias Glück des wechselweis gesteigerten Gebens und
Habens nicht. Vom Willen des tragischen Selbst führt keine
Brücke nach irgend einem Außen, und sei dies Außen auch
ein andrer Wille. Sein Wille sammelt als auf den eigenen Cha
rakter gerichteter Trotz alle Wucht nach innen.
Dies Fehlen aller Brücken und Verbindungen, dies nur
nach innen Gekehrtsein des Selbst ist es auch, was jene eigen
tümliche Dunkelheit über Göttliches und Weltliches ausgießt,
iri der sich der tragische Held bewegt. Er versteht nicht, was
ihm widerfährt, und er ist sich bewußt, es nicht verstehen zu
können; er versucht gar nicht, in das rätselhafte Walten der
Götter einzudringen. Die Hiobsfragen nach Schuld und Schick
sal mögen von den Dichtern gestellt werden; die Helden sel
ber, anders als Hiob, kommen gar nicht auf den Gedanken, sie
zu stellen. Täten sie es, so müßten sie ihr Schweigen brechen.
Das bedeutete aber ein Heraustreten aus den Mauern ihres