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Als nun so eine Seit verflossen war, da hub die Königin
Ln der Nacht an zu reden und sprach:
„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch zweimal und dann nimmermehr!"
Die Kinderfrau antwortete ihr nicht, aber als sie wieder ver
schwunden war, gieng sie zum König und erzählte ihm Alles.
Sprach der König: „Ach Gott! was ist das! Ich will in
der nächsten Nacht bei dem Kind wachen." Abends gieng er
auch in bie Kinderstube, aber um Mitternacht erschien die Kö
nigin wieder und sprach: ,
„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch einmal und dann nimmermehr!"
und pflegte dann des Kindes wie gewöhnlich, eh sie wieder ver
schwand^ Der König getraute sich nicht, sie anzureden; aber
die folgende Nacht wachte er wieder, da sprach sie abermals:
„Was macht mein Kind? Was macht mein Reh?
Nun komm ich noch diesmal und dann nimmermehr!"
Da konnte sich der König nicht zurückhalten, sprang zu ihr
und sprach: „du kannst niemand anders sein, als meine liebe
Frau!" Da antwortete sie: „Ja, ich bin deine liebe Frau!"
und hatte in dem Augenblick durch Gottes Gnade das Leben
wieder erhalten, war frisch, roth und gesund. Darauf er
zählte sie dem König den Frevel, den die böse Hexe und ihre
Tochter an ihr begangen hatten. Der König ließ Beide vor