Full text: Kinder- und Hausmärchen

66 
Schwesterlein, laß mich herein!" Da gieng die Thüre auf 
und der König trat hinein, und da stand ein Mädchen, das 
war so schön, wie er noch keins gesehen hatte. Das Mädchen 
aber war erschrocken, daß nicht sein Rehlein, sondern ein Kö 
nig mit goldener Krone hereingekommen war. Aber der Kö 
nig sah es freundlich an, reichte ihm die Hand und sprach: 
„Willst du mit mir gehen auf mein Schloß und meine liebe 
Frau werden?" „Ach ja, antwortete das Mädchen, aber 
das Rehchen muß auch mit, das verlaß ich nicht." Sprach 
der König: „Es soll bei dir bleiben, so lange du lebst und 
soll ihm an nichts fehlen." Indem kam es herein gesprun 
gen, da band es das Schwesterchen wieder an das Binsenseil, 
nahm es selbst in die Hand, und gieng mit ihm zum Waldhäus 
chen hinaus. 
Der König führte das schöne Mädchen in sein Schloß, wo 
dreHochzeit mit großer Pracht gefeiert wurde, und war es nun 
die Frau Königin und lebten sie lange Zeit vergnügt zusam 
men; das Rehlein ward gehegt und gepflegt und sprang in 
dem Schloßgarten herum. Die böse Stiefmutter aber, um de 
rentwillen die Kinder in die Welt hinein gegangen waren, die 
meinte, nicht anders, als Schwesterchen wäre von den wilden 
Thieren im Walde zerrissen worden und Brüderchen als ein 
Rehkalb von den Jägern todt geschossen. Als sie nun hörte, 
Laß sie so glücklich waren, und es ihnen so wohl gieng, da
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.