64
du nicht so sprichst, so schließ ich mein Thürlein nicht auf."
Nnn sprang das Rehchen hinaus und war ihm so wohl, und
war so lustig in freier Luft. Der König und seine Jäger sa
hen das schöne Thier und setzten ihm nach, aber sie konnten
es nicht einholen, und wenn sie meinten, sie hätten es gewiß,
da sprang es über das Gebüsch weg, und war verschwunden.
Wie's dunkel ward, lief es zu dem Häuschen, klopfte und
sprach: „Mein Schwesterlein, laß mich herein!" Da ward
ihm die kleine Thüre aufgethan, es sprang hinein, und ruhte
sich die ganze Nacht auf seinem weichen Lager aus. Am an
dern Morgen gieng die Jagd von neuem an, und als das
Rehlein wieder das Hüfthorn hörte und das ho! ho! der Jä
ger, da hatte es keine Ruh und sprach: „Schwesterchen, mach
mir auf, ich muß hinaus." Das Schwesterchen öffnete ihm
die Thüre und sprach: „Aber zu Abend mußt du wieder da
seyn und dein Sprüchlein sagen." Als der König und seine
Jäger das Rehlein mit dem goldenen Halsband wieder sahen,
jagten sie ihm Alle nach, aber es war ihnen zu schnell und
behend. Das währte den ganzen Tag; endlich aber hatten es
die Jäger Abends umzingelt, und einer verwundete es ein m
mg am Fuß, so daß es hinken mußte, und langsam fortlief.
Da schlich er ihm nacd bis zu dem Häuschen, und hörte, wie
es rief; „Mein Schwesterlein, laß mich herein!" und sah,
daß ihm die Thüre aufgethan und alsbald wieder zugeschlossen
wurde.