Full text: Kinder- und Hausmärchen

Geschichten erzählt wurden, wobei einem die Haut schaudert, 
so sprachen die Zuhörer manchmal: „ach, es gruselt mir!" 
Der jüngste saß in einer Ecke und hörte das mit an, und konnte 
nicht begreifen, was es heißen sollte. „Immer sagen sie: es 
gruselt mir! es gruselt mir! Mir gruselts nicht; das wird 
wohl eine Kunst seyn, von der ich auch nichts verstehe." 
Nun geschah es, daß der Vater einmal zu ihm sprach: 
„hör du in der Ecke dort, du wirst groß und stark und mußt 
auch etwas lernen, womit du dein Brod verdienst. Siehst du, 
wie sich dein Bruder Mühe giebt, aber an dir ist Hopfen und 
Malz verloren." „Ei Vater, antwortete er, ich will gern 
was lernen; ja, Wenns angieng, so möchte ich lernen, daß 
mirs gruselte, davon verstehe ich noch gar nichts." Der Ael- 
teste lachte, als er das hörte und dachte bei sich: „du lieber 
Gott, was ist mein Bruder ein Dummbart, aus dem wird 
mein Lebtag nichts; was ein Häkchen werden will muß sich 
boi Zeiten krümmen." Der Vater seufzte und antwortete 
ihm: „das Gruseln, das sollst du schon noch lernen, aber 
dein Brod wirst du damit nicht verdienen." 
Bald darnach kam der Küster zum Besuch ins Haus, da 
klagte ihm der Vater seine Noth und erzählte, wie sein jüng 
ster Sohn in allen Dingen so schlecht beschlagen wäre, er wisse 
nichts und lerne nichts. „Denkt euch, als ich ihn gefragt, 
womit er sein Brot verdienen wolle, hat er gar verlangt, das
	        

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