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Der König war lange Zeit gar nicht zu trösten, und dachte
nicht daran, eine zweite Frau zu nehmen. Endlich sprachen
seine Räthe: „es geht nicht anders, der König muß sich wie
der vermählen, damit wir eine Königin haben." Nun wur
den Boten weit und breit umhergeschickt, um eine Braut zu
suchen, die so schön wäre, als es die Verstorbene Königin ge
wesen. Es war aber keine in der Welt so schön, und wenn
sie's auch gewesen wäre, so waren doch solche goldene Haare
nicht mehr zu finden. Also kamen die Boten unverrichteter
Sache wieder heim.
Nun hatte der König eine Tochter, die war gerade so
schön, wie ihre verstorbene Mutter, und hatte auch solche gol
dene Haare. Als sie herangewachsen war, sah sie der König
einmal an, und sah, daß sie in allem seiner verstorbenen Ge
mahlin gliche, da fühlte er eine heftige Liebe zu ihr, und
sprach zu seinen Räthen: „ich will meine Tochter heirathem
denn sie ist das Ebenbild meiner verstorbenen Frau, und sonst
kann ich doch keine Braut auf Erden finden." Als die Rathe
das hörten, erschraken sie und sprachen: „Gort hat verboten,
daß der Vater seine Tochter heirathet, und aus der Sünde
kann nichts Gutes entspringen." Die Tochter erschrak auch,
hoffte aber den König noch von seinem Vorhaben abzubringen.
Da sagte sie zu ihm: „eh ich euern Wunsch erfülle, muß ich
erst drei Kleider haben, eins, so golden wie die Sonne, etV