Full text: Kinder- und Hausmärchen

170 
jämmerlich. Nach langen, langen Jahren kam wieder ein Kö- 
nigssohn durch das Land, dem erzählte ein alter Mann von 
der Dornhecke, es solle ein Schloß dahinter stehen, in welchem 
ein wunderschönes Königsfräulein, Dornröschen genannt, schlaft 
mit dem ganzen Hofstaat. Er erzählte auch, daß er von sei 
nem Großvater gehört, wie viele Königssöhne gekommen wä 
ren, um durch die Dornenhecke zu dringen, aber darin hängen 
geblieben, und eines traurigen Todes gestorben. Da sprach 
der Jüngling: „das soll mich nicht abschrecken, ich will hin 
durch, und das schöne Dornröschen sehen." Der Alte mochte 
ihm abrathen, wie er wollte, er hörte gar nicht darauf. 
Nun waren aber gerade an dem Tag, wo der Königssohn 
kam, die hundert Jahre verflossen. Und als er sich der Dorn- 
hecke näherte, waren es lauter große, schöne Blumen, die tha 
ten sich von selbst auseinander, daß er unbeschädigt hindurch 
gieng; hinter ihm thaten sie sich wieder als eine Hecke zusam 
men. Er kam ins Schloß, da lagen im Hof die Pferde und 
scheckigen Jagdhunde und schliefen, auf dem Dache saßen dis 
Lauben und hatten das Köpfchen unter den Flügel gesteckt. 
Und als er ins Haus kam, schliefen die Fliegen an der Wand, 
der Koch Ln der Küche hielt noch die Hand, als wollte er den 
Jungen anpacken, und die Magd saß vor dem schwarzen Huhn, 
das sollte gerupft werden. Da gieng er weiter, und sah den 
ganzen Hofstaat da liegen und schlafen, und oben drüber den
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.