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nete ihm der Wolf, Rothkäppchen aber wußte nichts was es
für ein böses Thier war, und fürchtete sich nicht vor ihm.
„Guten Tag, Rothkäppchen," sprach er — „Schönen Dank,
Wolf." — „Wo willst du so früh hinaus, RoLhkappchen,"
— „zur Großmutter." — Was trägst du unter der Schürze?
— „ Kuchen und Wein, für die kranke und schwache Groß
mutter; gestern haben wir gebacken, da soll sie sich etwas zu
gut thun und sich stärken." — „Rothkäppchen, wo wohnt
deine Großmutter?" — „Noch eine ^ute Viertelstunde im
Wald, unter den drei großen Eichbäumen, da steht ihr Haus,
unten sind die Nußhecken, das wirst du ja wissen," sagte
Rothkäppchen. Der Wolf dachte bei sich, das junge, zarte
Mädchen, das ist ein guter, fetter Bissen für dich, wie fängst
du's an, daß du den kriegst. Da gieng er ein Weilchen neben
Rothkäppchen her, dann sprach er: „Rothkäppchen, sieh' ein
mal die schönen Blumen, die im Walde stehen, warum guckst
du nicht um dich; ich glaube, du hörst gar nicht darauf, wie
die Vöglein so lieblich singen? du gehst ja für dich hin, als
wie zur Schule, und ist so lustig huußen in dem Wald."
Rothkäppchen schlug die Augen auf, und als es sah, wie
die Sonne durch die Bäume hin und her sprang, und alles
voll schöner Blumen stand, dachte es: ei! wenn ich der Groß
mutter einen Strauß mitbringe, der wird ihr auch lieb seyn;
es ist noch früh, daß ich doch zu rechter Zeit ankomme, und