Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72 
RUODLIEB. 
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ihm die zahne eingeschlagen, und auf das weib , das 
ihn ihrerseits an sich gezogen habe. Sie aber ist ganz 
zerknirscht über ihren antheil an dem verbrechen, und 
selbst gibt sie als wohl verdient die härtesten strafen 
an. Das gericht beschliefst der reuigen das leben zu 
schenken. Sie wird den bittenden kindern zurückgege 
ben, denen sie fortan mutter, nicht was sie früher war, 
Stiefmutter sein soll. Streng aber ist die bufse, die sie 
selbst sich auferlegt bis an des lebens ende. Da nun 
das gericht sich an den rothen wendet, fordert dieser, 
dafs, ehe man etwas beschliefse, sein gefahrte vorgerufen 
werde, es geschieht durch Rudliebs wirt, der in der 
Versammlung anwesend ist. Der richter fragt den her 
beigekommenen: hoher ritter, ist dieser mann dein ge- 
fährte oder ist ers nicht? . . . 
Der ausgang des Verlaufs steht leider auf einer der 
noch nicht wiedergefundenen membranen. Hätten, wie 
man annehmen darf, auch die übrigen jener lehren 
auf ähnliche weise an die reihe zu kommen, so wären 
fortan etwa die vierte (deren anwendung auf Rudlieb 
selbst freilich schwer zu begreifen ist) und fünfte zu 
erwarten. Es scheinen aber diese stellen verloren, da 
wenigstens das nächste oder fragment VII nichts der art 
bietet. Das sehr beschnittene fol. 25 enthält vielmehr 
auf der einen seite eine ins einzelne gehende (vielleicht 
mit fragment XVIII zu vergleichende) darzählung der 
Unsicherheiten, in welche nach dem lauf der dinge die 
reize auch der schönsten schönen übergehen. Den 
versen der andern Seite dieses blattes, denen durchweg 
die vordere hälfte fehlt, ist kein bestimmter sinn abzu 
gewinnen. Es kommt darin ein ritt, gesang und tanz, 
aber auch tödtende Sehnsucht vor. Hierauf trifft, so 
scheint es, wenn schon wieder nicht ohne lücke, als 
fragm. VIII das vordere stülzisclie oder st. florianische 
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