Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

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RUODLIEB. 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72 
teil bei tag und bei naclit. Die könige ziehen, in frie 
den , jeder wieder nach hause. Kaum heimgekehrt, er 
hält Ruodlieb (hier kommt in den geretteten bruchstücken 
des beiden liame zuerst vor), durch einen boten seiner 
mutter einen brief der frühem herren, die ihn bitten, 
da seine dortigen feinde seitdem alle todt oder aufser 
stand zu schaden seien und da sie selbst sein ver 
dienst nun besser zu schätzen wüfsten, wieder heimzu 
kehren. Dem briefe der herren folgt eine Zuschrift der 
mutter, welche dieselbe bitte noch eindringlicher wie 
derholt. 
Er geht mit seinem freunde zum könig, umfafst 
dessen knie und zeigt ihm den empfangnen brief. Gnä 
dig, obschon ungerne, willigt dieser ein, ihn ziehen 
zu lassen: noch eine woche möge er den abschied ver 
schieben. Unterdessen läfst der könig aus silber vier 
schusseln schmieden , deren je zwei so verbunden wer 
den, dafs sie, von aufsen mit speltmehl überkleistert, 
wie brot aussehen. Das eine dieser brote ist ganz dicht 
mit besanten (goldslücken aus Ityzanz) angefüllt, das 
andre gröfsere nimmt blos in einer abtheilung gold- 
stücke auf, in die andere aber werden zwölf köstliche 
armringe, und von seiten der königin eine kunstreiche 
brustspange, acht ohrringe, und dreifsig köstliche finger- 
ringe gelegt. Der könig versammelt seine mannen und 
läfst auch den fremden ritter vor sich bescheiden. Nach 
einstimmigen lobsprüclien wird ihm die frage gestellt: 
was er vorziehe zum abschiedsgesclienk, gold und geld 
oder lehren der Weisheit? der ritter bittet sich von 
letztem aus. Hierauf führt ihn der könig ganz allein 
in sein gemach und gibt ihm zwölf goldene lehren. Man soll 
erstens keinem rothen trauen; 
zweitens nie einen obwol schmutzigen dorfweg verlas 
sen, um dafür über das Saatfeld zu reiten;
	        
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