Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

204 
RUODLIEB. 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72 
weitern nachbars, der grofse (rex major), sein reich 
aber Africa lieifst, durch rath und that, namentlich im 
kriege gegen jenen nachbar, die wichtigsten dienste lei 
stet. Mit dem eingang des zweiten Fragmentes findet 
sich der held als abgesandter des grofsen königs selb- 
drilter am hoflager jenes andern, welchen wir als den 
kleinen bezeichnen wollen. 
Es hatten leute dieses letztem, unter anführung 
eines ungenannten grafen (comes), leute des erstem un 
vermutet angefallen , theils erschlagen , theils zu gefan 
genen gemacht und verbrannt. Hierauf ein krieg oder 
doch eine schiacht zwischen den beiden Völkern , nach 
welcher jene angreifer samt ihrem Führer, dem gra 
fen, ihrerseits als gefangene vor den grofsen könig wa 
ren gebracht worden. Statt gleiches mit gleichem zu 
vergelten , hatte dieser sie unter seine grofsen und pra- 
laten zu sorgfältiger pflege vertheilt, ja sogar den gra 
fen in persönliche obhut genommen. Und nun lud er 
durch seinen gesandten ihren könig ein, auf demselben 
platz, wo die schlackt war geschlagen worden, mit ihm 
zusammenzutreten, da sollten sämtliche gefangene zu 
rückgegeben, und beide Völker auf ewig miteinander 
versöhnt werden. Der dichter hat fast alles in reden 
eingekleidet, die der kleine von des grofsen grofsmut gar 
sehr gerührte könig an seine versammelten räthe, dann 
an des grofsen königs gesandten, und in solche, die der 
gesandte theils an jenen, theils nach der lieimkunft be 
richt erstattend an seinen eignen könig richtet. Diesem, 
der auch wissen will, wie sein abgeordneter am fremden 
hofe die zeit sonst zugebracht, erzählt er auf ergetzliclie 
weise, wie er mit dem kleinen könig, obschon anfangs 
nicht ohne ehrfurchtsvolles sträuben (lorifrangere, zugil- 
prechon) schach gespielt und, mit wahrem herzeleid, ihm 
und nachher den liofleuten ihr geld abgenommen habe*
	        

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.