WALTHARIUS.
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© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72
zugleich seinen enkel Ratlidld aufnalini. Rathaid war
solin Rathers, des solines von Walther und Hilde
gund. Rathaids haupt lialte einst eine Iran, die betens
halber zur grabstatte gegangen war, heimlich mitge
nommen und auf ihre bürg gebracht. als eines tags
feucr in dieser bürg ausbrach, erinnerte sie sich des
hauptes, zog es hervor und hielt es den Hammen ent
gegen. alsobald erlosch die brunst. Nach dem letzten
einbruch der beiden und bevor der heilige ort wieder
erbaut wurde, wüste keiner von den einwohnern mehr,
wo Walthers grab war. Dazumal lebte in der stadt
Segusium Petronilla, eine alte witwe, die gebückt am
stabe einher schritt und wenig mehr mit ihren äugen
sah. dieser halten die beiden ihren solin, Mauritius,
weggeführt, und über dreifsig jahre muste er ihnen
dienen; endlich erlangte er die freiheit und wanderte
in seine heimat zurück, er fand seine mutier von alter
beinahe verzehrt : sie pflegte sich täglich auf einem fel-
sen zu sonnen; und die leute giengen oft zu ihr und
fragten nach den alterlhümern. sie wüste mancherlei
zu erzählen, zumal vom klosler Novalesa, unerhörte
dinge, die sie theils uocli gesehn, theils von ihren ei
tern vernommen hatte. eines tags liefs sie sich wie
derum von einigen männern herumführen, denen wies
sie Walthers grab, das man nicht mehr kannte, so wie
sie die stelle von ihren Vorfahren her gemerkt halte,
wiewol ehmals keine frau gewagt hätte die statte zu
betreten. auch verzählte sie wie viel brunnen ehmals
hier gewesen, die liachbarsleute behaupteten, gedachte
frau sei beinahe zweihundert jahre alt geworden.
ln diesen Überlieferungen ist das ende des beiden
noch an einen bestimmten ort fest geknüpft und aus
der hunischgolhischen zeit an die jüngere langobardi-
schegeschoben. künigDesiderius fällt ins achte jh., und