108
WALTHARIUS.
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72
oder fünfzig andre wagen folgten nach , und jeder er
kannte daran, clafs der zug dem berühmten kloster No-
valesa gehörte. und da war kein herzog, graf, herr
oder bauer, der es gewagt hatte ihn zu schädigen; ja
die kaufleute auf den Jahrmärkten sollen ihren handel
nicht eher eröfnet haben, als sie den schellenwagen
heran fahren sahen. Einmal geschah es , dafs diese wa
gen beladen ins kloster zurückkehrten und auf des kö-
nlgs ieute, welche pferde auf einer wiese weideten,
stiefsen. diese hochmütigen fielen über das klostergut,
und nahmen alles weg. vergeblich widersetzten sich
die dienslleute, liefsen aber augenblicklich w r as geschehn
war dem abt und den brüdern kund thun. Der abt
versammelte das ganze kloster und berichtete den Vor
fall. damals war Vorsteher der briiderschaft einer na
mens Asmarius, von herkunft ein Franke, ein tugend
hafter, verständiger mann. Dieser, auf Walthers ratli,
man müsse zu den räubern kluge brüder absenden und
ihnen die Sache gehörig vorstellen lassen, sagte so
gleich: ‘so sollst du, Walther, schnell dahin gehn,
denn wir haben keinen klügeren, weiseren bruder.’
Walther aber, der sich wol bewust war, er werde den
trotz und hoclimut jener leute nicht ertragen können’
versetzte: ‘sie werden mir mein mönchskleid auszie-
hen.’ ‘ziehen sie dir dein kleid aus, sprach Asinarius,
‘so gib ihnen noch die kutte dazu, also sei dir von den
brüdern befohlen.’ ‘wie soll ich mit pelz und Unter
kleid tliun?’ ‘sage, von den brüdern sei dir befohlen,
auch diese stücke nehmen zu lassen.’ ‘zürne nicht, dafs
ich weiter frage: w r enn sie auch mit den hosen thun
wollen wie mit den übrigen?’ ‘dann hast du deine
demut hinlänglich bew iesen, denn in anseliung der
liosen kann ich dir nicht befehlen dafs du sie ihnen
lassest.’