Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

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WALTHARIUS. 
© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72 
oder fünfzig andre wagen folgten nach , und jeder er 
kannte daran, clafs der zug dem berühmten kloster No- 
valesa gehörte. und da war kein herzog, graf, herr 
oder bauer, der es gewagt hatte ihn zu schädigen; ja 
die kaufleute auf den Jahrmärkten sollen ihren handel 
nicht eher eröfnet haben, als sie den schellenwagen 
heran fahren sahen. Einmal geschah es , dafs diese wa 
gen beladen ins kloster zurückkehrten und auf des kö- 
nlgs ieute, welche pferde auf einer wiese weideten, 
stiefsen. diese hochmütigen fielen über das klostergut, 
und nahmen alles weg. vergeblich widersetzten sich 
die dienslleute, liefsen aber augenblicklich w r as geschehn 
war dem abt und den brüdern kund thun. Der abt 
versammelte das ganze kloster und berichtete den Vor 
fall. damals war Vorsteher der briiderschaft einer na 
mens Asmarius, von herkunft ein Franke, ein tugend 
hafter, verständiger mann. Dieser, auf Walthers ratli, 
man müsse zu den räubern kluge brüder absenden und 
ihnen die Sache gehörig vorstellen lassen, sagte so 
gleich: ‘so sollst du, Walther, schnell dahin gehn, 
denn wir haben keinen klügeren, weiseren bruder.’ 
Walther aber, der sich wol bewust war, er werde den 
trotz und hoclimut jener leute nicht ertragen können’ 
versetzte: ‘sie werden mir mein mönchskleid auszie- 
hen.’ ‘ziehen sie dir dein kleid aus, sprach Asinarius, 
‘so gib ihnen noch die kutte dazu, also sei dir von den 
brüdern befohlen.’ ‘wie soll ich mit pelz und Unter 
kleid tliun?’ ‘sage, von den brüdern sei dir befohlen, 
auch diese stücke nehmen zu lassen.’ ‘zürne nicht, dafs 
ich weiter frage: w r enn sie auch mit den hosen thun 
wollen wie mit den übrigen?’ ‘dann hast du deine 
demut hinlänglich bew iesen, denn in anseliung der 
liosen kann ich dir nicht befehlen dafs du sie ihnen 
lassest.’
	        
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