Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

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WALTHARIUS. 
zu Hagano, ihn endlich zum kampf zu bewegen, ‘mich’ 
sagt dieser ‘hindert der ahnen rühmloses geschlecht, 
mir hat das kühle blut den mut genommen : mein va- 
ter erblich, wenn er speere sah, und schlug mit vielen 
reden den streit aus. als du dies, könig, unter dei 
nem gefolge prahltest, war meine hilfe deiner unwür 
dig’. Da drang Gunthari in ihn mit erneuten bitten, 
nimmer verwinde Frankreich solchen schimpf, zischend 
werden die Franken sagen, von einem einzigen unbe 
kannten sei das ganze beer erlegt’. Hagano zauderte, 
bedachte die ehmals Walthari gelobte treue, endlich, 
als der köuig nicht nacliliefs, brach er in die worte 
aus: ‘wohin rufest du mich, herr? welcher thor stürzt 
sich in das ofne grab? nicht des theuern Helfen tod 
hätte mich vermocht die treue zu brechen, für dich kö- 
nig begebe ich mich in unzweifelhafte gefahr. doch 
von hier scheide ich aus dem kampf: lafs uns weiter 
ziehen und auf der warte lauschend die rosse weiden; 
dann wird er uns fortgegangen wähnen und seine enge 
bürg verlassen, im rücken folgen wir nach’. Diesen 
rathschlag lobt der könig, umfängt und küfst den hel- 
den, dann weichen beide zurück, erspälin sich den hin- 
terhalt und lassen die rosse grasen. 
Mittlerweile war die dunkle nacht eingebrochen, 
und Walthari, der weise held, begann zu überlegen, 
ob er in der sichern bürg verweilen, oder in der öden 
wildnis fortziehen solle, blofs den Hagano scheute er 
und jene umarmung des königs. wollen die feinde 
nachts in die stadt zurückkehren, neue krieger sam 
meln und frühmorgens das gefecht erneuern? oder lie 
gen sie allein auf naher lauer? aber auch den unweg 
samen wald fürchtet er, wilde thiere und die gefahr 
für die jungfrau. alles erwogen beschliefst er zu blei 
ben , bis der tag das licht wiederbringe, ‘der stolze
	        

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