Full text: Lateinische Gedichte des X. und XI. J[ahr]h[underts]

© Hessisches Staatsarchiv Marburg, Best. 340 Grimm Nr. L 72 
WALTHARIUS. 
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keil abzulassen. Patafrid aber entblüfsle das Schwert 
und grif an in unvorsichtiger wut, so dafs Walthari 
sich schirmte und jener hiustürzte und vergebens zu 
wehren suchte, ihn traf des beiden speer. 
Diesen zu rächen gelobte Gerwig, dessen mächti 
ges ros über alle leichen sprengte, die den engen steg 
sperrten, eben als der krieger des erlegten haupt vom 
rümpfe trennte warf schon Gerwig die zweischneidige 
fränkische axt; der schnell vorgelialtne Schild vereitelte 
den streich, zurücktretend grif Walthari seinen speer 
und steckte das blutige Schwert ins riedgras. keine 
reden wurden unter beiden kämpfern gewechselt; der 
eine wütete seine erschlagnen gefährten zu rächen, der 
andere strebte sein leben zu vertheidigen. Zuletzt er 
sah es Walthari, dafs er Gerwigs scliild hob und ihm 
das eisen in den leib stiefs; das haupt schnitt er ab 
und liefs den rümpf liegen. Dieser Gerwig war ein 
graf des wormser gaues. 
Nun erst zauderten die Franken und baten ihren 
lierrn einzuhalten. Gunthari hingegen: ‘eh will ich 
sterben, als so rühmlos nach Worms zurückkehren; 
soll dieser siegreich entrinnen? auf, meine lielden, das 
vergossene blut zu sühnen! ’ Diese worte entflammten 
alle und einer suchte dem andern in den tod, wie in 
ein spiel, voran zu eilen; doch der schmale Steg ge 
stattete immer nur zwei Streiter. 
Unterdessen sie zögerten hatte der ruhmvolle held 
seinen heim abgenommen und an einen bäum gehängt, 
in der luft sich zu kühlen, da stürmte auf schnellem 
rosse Randolf heran und traf mit schwerer eisenstange 
Waltliaris brust. hätte das wielandische geschmeide 
nicht widerstanden, so wäre das holz eingedrungen, 
doch er fafste sich und hielt den schild vor, den heim 
zu nehmen war keine zeit, der Franke aber hatte
	        

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