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Zur Quellensituation
Mit der Vernichtung des Gemeindebuchs der israelitischen Gemeinde sind auch
die Familiendaten ihrer Mitglieder verloren gegangen. Ein stark beschädigter
Film von damals vorgenommenen Verfilmungen bewahrt die wenigen sicheren
Unterlagen für die Familiengeschichte der Kasseler Juden in einem zeitlich
begrenzten Umfang (1809 - 1813 u. 1824 - ca 1880, Eheschließungen: 1847 - 1884).*
Ab 1873 wurden die Familiendaten im Kasseler Standesamt registriert. Hier sind
die Originalurkunden durch Kriegseinwirkung ebenfalls nicht erhalten geblieben.
Ihre Daten konnten jedoch durch Bearbeitungen gesichert werden. Fehlende Angaben
über das Glaubensbekenntnis erschweren gelegentlich die Zuordnung der Personen.
Die Ausdehnung der Familienforschung auf das 18.Jahrhundert erfordert zusätzliche
Quellen wie Steuer- und Einwohnerlisten.Diese geben Auskunft über Personen,
Aufenthalts-Ort und -Zeit und liefern Hinweise von wirtschaftlichem und sozialem
Interesse. Zur Erstellung oder Sicherung von Filiationen sind sie nur bedingt
geeignet,
Die wichtigste Quelle für die Geschichte der jüdischen Familien im 18.Jahrhundert
ist die 213 Familien umfassende "Namentliche Liste der in der Gemeinde des Cantons
Cassel geborenen oder daselbst gesetzlich domizierten (jüdischen) Familien männ
lichen Geschlechts, erstellt im Jahre 1812".**
Hier werden die Personen mit hebräischem, ergänzt um ihren neuen Familiennamen
aufgeführt. In dieser Kombination liefern die Namen gleichsam den Schlüssel zur
Anbindung an die ehemalige Namensgebung. Die zusätzlichen Herkunftsangaben über
die Familien weisen die Wege über jeweilige Forschungsrichtungen.
Die in Kassel ansässigen 99 Familien sind in einem im Jahre 1808 erstellten
Familienbuch verzeichnet.*** Um ihre Herkunft und die Geburtsorte ihrer Kinder
zu sichern, sind Kontrollen mit Hilfe der Steuerregister notwendig, wie folgendes
Beispiel zeigt:
Herz Meyer (Hoffa) stammt aus Hoof. Er wird aber schon als Herz Meyer im Kasseler
Contibutionsregister von 1788 geführt. Demnach sind seine Kinder (*1794 ff) in
Kassel geboren worden.
In diesem Sinne werden noch zahlreiche Geburts-,Eheschließungs- und Sterbedaten
gesucht, bestimmt, errechnet und letztlich gesichert werden müssen. Für die
Erstellung von zahlreichen Filiationen bietet der Zeitraum von 250 Jahren ein
reiches Betätigungsfeld.
* Helmut Thiele, Die israelitische Gemeinde zu Kassel im 19.Jahrhundert, S.I u.II
** Helmut Thiele, Die j üdischen Einwohner der Stadt Kassel im 18. Jahrhundert,S.5-34
*** Helmut Thiele, Die israelitische Gemeinde zu Kassel im 19. Jahrhundert, S.5-28