Full text: "Herzgruß allen Flandernkämpfern" (April 1915 bis Dezember 1918) (Buch 2)

zurückgebracht werden konnten; die Laubheusammlung unserer
Jugend wurde ein Raub der Flammen. 

Das trübste Gebiet in diesen Wochen ewiger Rückzüge 
zeigten die von Haus und Hof vertriebenen französischen
Zivilisten; alle Städte und Dörfer, die in die neuen Kampf=
stellungen gerieten, mußten von ihren Einwohnern geräumt
werden. Wenn der Befehl eintraf, hatten die Leute innerhalb
weniger Stunden Heimat und Habe zu verlassen und durften 
nur das mitführen, was sie tragen konnten. Es waren be=
jammernswürdige, gramgebeugte Menschen, die sich auf den 
Landstraßen in Schmutz und Regen fortbewegten. Da schritten 
sie nun mit traurigen Blicken im Regengeriesel durch die 
trübverhangene herbstliche Landschaft, Frauen und Kinder,
Männer und Greise, von allem entblößt und den Schrecken 
der Witterung preisgegeben, kleine Wägelchen hinter sich her=
ziehend, in denen sie die notwendigste Habe bargen. 

Jetzt sollten nun auch die gesamten Maasstellungen als 
neue Zone der Schlachten von der Zivilbevölkerung geräumt
werden; in eine Reihe von Dörfern hatte ich damals Räu=
mungsbefehle zu überbringen, als ich zur Erkundung der 
Maas=Stellungen unterwegs war. Der Maire versammelte seine 
Gemeinde um sich und gab ihr den Befehl bekannt. Die 
Nachricht schlug jedesmal wie ein Blitz ein, es bildeten sich 
jammernde und weinende Gruppen. Aber was half das 
alles! Befehl ist Befehl, und wenn eine Maßnahme militärisch
richtig ist, dann ist sie eben gut und wird ausgeführt. Was 
wäre aus den Leuten geworden, wenn das Unwetter des 
Krieges über sie dahingezogen wäre? Die Bestie der Material=
schlacht hätte sie zertreten. Im Kriege gibt es oft nur die
Wahl zwischen dem größeren oder kleineren Uebel; hier war
die Ausräumung der Zivilbevölkerung der einzige Ausweg,
um die Vernichtung vieler Menschenleben zu verhüten. Alle 
Angriffe gegen die Heeresleitung sind in diesem Falle eine 
Torheit derer, die den Krieg nicht kennen.

In manchen Gegenden, in denen keine größeren Kampf=
handlungen zu erwarten waren, wurde die Zivilbevölkerung, 
wenn es möglich war, auch in ihren Dörfern gelassen und in 
direkter Vereinbarung der Obhut des nachrückenden Feindes 
übergeben. Es wurde also keineswegs überall auf die gleiche 
Weise verfahren, sondern nur nach der Lage der Dinge, wie 

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