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König aber sprach: „nein, shat Gott ihn gegeben, soll er auch
mein Sohn und Erbe seyn, nach meinem Tod auf dem königlichen
Thron sitzen und die königliche Krone tragen." Also ward das
Eselein aufgezogen, nahm zu und die Ohren wuchsen ihm auch
fein hoch und gerad hinauf. Es war aber sonst fröhlicher Art,
sprang herum, spielte und hatte besonders seine Lust an der Mu
sik, so daß es zu einem berühmten Spielmann ging und sprach:
„lehr mich deine Kunst, daß ich so gut die Laute schlagen kann,
wie du." „Ach! liebes Herrlein, antwortete der Spielmann,
das sollt euch schwer fallen, eure Finger sind nicht allerdings da
zu gemacht, und gar zu groß; ich sorg', die Saiten Haltens nicht
aus." Es half aber keine Ausrede, das Eselein wollt' und mußt'
die Laute schlagen, war beharrlich und fleißig, und lernte es am
Ende so gut, als sein Meister selber. Einmal ging es nachdenk-
sam fpaziren und kam an einen Brunnen, da schaute es hinein
und sah im spiegelhellen Wasser seine Eseleins - Gestalt, darüber
ward es so betrübt, daß es in die Welt hineinging und nur einen
treuen Gesellen mitnahm. Sie zogen auf und ab, zuletzt kamen
sie in ein Reich, wo ein alter König herrschte, der nur eine ein
zige aber wunderschöne Tochter hatte. Das Eselein sagte: „hier
wollen wir weilen," klopfte an's Thor und rief: „es ist ein
Gast haußen, macht auf, damit er eingehen kann." Als aber
nicht aufgethan ward, setzte es sich hin, nahm seine Laute und
schlug sie mit seinen Fußen aufs lieblichste. Da sperrte der Thür
hüter gewaltig die Augen auf, lief zum König und sprach: „da
draußen sitzt ein Eselein vor dem Thor, das schlägt die Laute