Full text: Kinder- und Haus-Märchen (Bd. 2)

VI II 
XXVII. 
s 
Schmied sein Geräth verdirbt und als Küchenknecht 
bei den Braten gestellt wird, den er abißt, wie 
Sigurd das Drachenherz, das er dem Neigen braten 
soll; er geht auf den Harz, fangt Wölfe, um die 
Leute damit zu schrecken, wie Siegfried den Baren 
lNibet. 380O ff.). Schon in der Sprache ist der Die 
ner ein Schalk und der Hofdiener fallt mit dem 
Hofnarren zusammen. Soini, der finnische Riesen 
eulenspiegel hieß gerade auch Kalkki (Diener). 
Drei Nachte alt, trat er sein Windelband auf und 
man sah, daß ihm nicht zu trauen war, also wurde 
er ausgeboren. Ein Schmied nahm ihn in seinen 
Dienst, dem sollte er sein Kind hüten, aber ergriff 
dem Kind die Augen aus, todtere es nachher und ver 
brannte die Wiege. Drauf setzte ihn der Schmied 
über einen Zaun, den er flechten sollte, da holte er 
Fichten im Wald und flocht sie mit Schlangen zu 
sammen; nun mußte er Vieh weiden, die Hausfrau 
aus Rache backte ihm einen Stein ins Brot, so daß 
er sich sein Meffer stumpfte; erzürnt rief er Baren 
und Wölfe, daß sie die Heerde fraßen, aus den Küh- 
beinen und Ochsenhörnern aber machte er sich Blas 
hörner und trieb die Wölfe und Baren statt der an 
dern Heerde heim. 
Der nordische Grettw, als er Ganse und Rosse 
hüten soll, spielt ähnliche Streiche (bernsku - braugd, 
Kinderstreiche). Das Hcldenmaßige bricht in der Ju 
gendroheit und Nichtachtung des gewöhnlichen Men- 
schentreibens hervor, wie auch Florens im Octavian 
dem Clemens die Ochsen verschleudert. 
Eine andere Erzählung aus Hessen ist viel unvoll 
ständiger, hat aber ihr eigenes. Kürdchen Bin- 
geling hat an seiner Mütter Brust sieben Jahre 
getrunken, davon er so gewaltig groß geworden und 
so viel hat essen können, daß er nicht zu ersattigen 
ist; alle Menschen aber hat er gequält und genarrt. 
Nun versammelt sich die ganze'Gemeinde, will ihn 
fangen und todten, er aber merkts, setzt sich unter 
das Thor und sperrt den Weg, (gerade wie Gargan- 
tua den Berg Gargant nicht weit von Nantes schafft), 
so daß ohne Hacken kund Schippen, kein Mensch durch 
kam und er ruhig weiter geht. Nun ist er in einem 
gndern Dorf, aber noch derselbe Schlingel und dg 
macht sich wieder die ganze Gemeinde auf, ihn zu 
greifen, er aber, weil kein Thor da ist, das er ver 
rammeln kann, springt in einen Brunnen. Nun 
stellt sich die Gemeinde herum und rathschlagt, sie 
beschließen endlich ihm einen Mühlstein auf den 
Kopf zu werfen. Mir großer Mühe wird einer her 
beigeholt und hinabgerollt, wie sie meinen, er wär 
todt, kommt auf einmal der Kovf aus dem Brunnen, 
den hat xr durch das Loch des Steins gesteckt, so daß 
dieser ihm auf den Schultern hangt, wobei er ruft: 
„ach! was hab ich einen schönen Düten -Kragen!" 
Wie sie das sehen, rathschlagen sie von neuem , und 
schicken dann bin und lassen ihre große Klocke 
aus dem Kirchthurm holen, und werfen sie auf ihn 
hinab, die sollt ihn gewiß treffen (gerade wie beim 
Riesen Scharmack). Wie sie nun meinen, er liege 
unten erschlagen und gehen aus einander, kommt er 
auf einmal aus dem Brunnen gesprungen, hat die 
Klocke auf dem Haupt, ruft ganz freudig: „ach! 
pas eine schöne Bingelmütze!"'und laust davon. 
5 . 
Dat Erdmanneken. 
(Aus dem Paderborn.) Eine andere Recension 
aus der Geaend von Cöln am Rhein weicht in eini 
gem ab. Ein mächtiger König hat drei schöne Töch 
ter; einmal, bei einem herrlichen Fest, gehen sie in 
den Garten spaziren und kommen Abends nicht wie 
der; und als sie am andern Tag auch noch ausblei 
ben, läßt sie der König durchs ganze Reich suchen, 
aber niemand kann sie finden: da macht er bekannt, wer 
sie wiederbrächte, sollte eine zur Gemahlin haben, 
und Reichthümer dazu für sein Lebelang. Viele zie 
hen aus, aber umsonst, zuletzt machen sich drei Rit 
ter auf den Weg und wollen nicht ruhen, als bis es 
ihnen geglückt. Sie gerathen in einen großen Wald, 
Do sie den ganzen Tag hungrig und durstig fortrei- 
en, endlich sehen sie in der Nacht ein Lichtlein, 
las sie zu einem prachugen Schloß leitet, worin 
(her kein Mensch zu sehen ist. Weil sie so hungrig 
ssid, suchen sie nqch Speise, einer findet ein Stüw
	        
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