Full text: Kinder- und Haus-Märchen (Bd. 2)

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Rief sie daher an, ob sie auch wie ein Mägdlein 
von achtzehn Jahren in Sprüngen daher wolle 
gehen? Sie sprach: „von ganzem Herzen," weil 
es dem Jüngling auch so sanft angekommen. 
Machte also der Schmied große Glut und stieß 
die Alte hinein, die sich hin und wieder bog, und 
grausames Mordgeschrei anstimmte; „sitz' still, 
was schreist und hüpfst du, ich will erst weidlich 
zublasen!" zog damit die Bälge von neuem bis 
ihr alle Haderlumpen brannten, da schrie das alte 
Weib ohne Ruh. Der Schmied dachte: Kunst 
geht nicht recht zu! nahm sie raus und warf sie 
in den Leschtrog, da schrie sie ganz überlaut, daß 
es droben im Haus die Schmiedin und ihre Schnur 
hörten, die liefen beide die Stiegen herab, und 
sahen die Alte heulend und maulend ganz zusam« 
( men geschnurrt im Trog liegen, das Angesicht ge« 
/ ^ runzelt, gefaltet und uäsgeschaffen. Darob sich 
die zwei, die beide mit Kindern gingen, so ent« 
setzten, daß sie noch dieselbe Nacht zwei Junge 
gebaren, die waren ganz nicht wie Menschen ge« 
schaffen, sondern wie Affen, liefen zum Wald hin« 
ein und von ihnen stammt das Geschlecht der 
Affen her. 
62. 
Des Herrn und des Teufels Gethier. 
Gott der Herr hatte alle Thiere erschaffen 
und sich die Wölfe zu seinen Hunden auserwählet; 
/ 
blos den Geis hatte er vergessen, da richtete sich 
der Teufel an, wollte auch schaffen, und machte 
die Geise, mit feinen, langen Schwänzen. Wenn 
sie nun zur Weide gingen', blieben sie gewöhnlich 
mit ihren Schwänzen in den Dornhecken hangen, 
da mußte der Teufel hineingehen und sie mit vie« 
1 er Mühe losknüpfcn; verdroß ihn zuletzt, war 
her und biß jeder Geis den Schwanz ab, wie 
noch heut' des Tags an den Stümpfen zu sehen ist. 
Nun ließ er sie zwar allein weiden, aber cs 
geschah, daß Gott der Herr zusah, wie sie bald 
einen fruchtbaren Baum benagten, bald die edlen 
-Neben schädigten, bald andere zarte Pflanzen 
verderbten. Deß jammerte ihn, so daß er ans 
Güte und Gnaden seine Wölfe dran hetzte, die 
denn die Geise, so da gingen, bald zerrissen. 
Wie der Teufel das vernahm, trat er bald vor 
den Herrn und sprach: „dein Geschöpf hat mir 
das meine zerrissen." Der Herr antwortete: 
„was hattest du es zu Schaden erschaffen?" der 
Teufel sagte: „ich mußte das; gleichwie selbst 
mein Sink» auf Schaden geht, konnte, was ich 
erschaffen, keine andre Natur haben, und mußt 
mir's theuer zahlen." — „Ich zahl' dir's, so« 
hald das Eichenlaub abfällt ,!^dann komm, dein 
Geld ist schon gezählt." Als das Eichenlaub qb« 
gefallen war, kam der Teufel und forderte seine 
Schuld. Der Herr aber sprach : „In der Kirche 
zu Constantinopel steht eine hohe Eiche, die hat 
Kindermährchen. II. T
	        

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