Full text: Kinder- und Haus-Märchen ([1])

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zum König floh. Der König wollte mit seinem 
Spieß den Adler abhalten, der Adler aber packte 
den Spieß und zerbrach ihn wie ein Schilfrohr, 
dann zerdrückte er den Falken mit einer Kralle, 
die andern aber hackte er dem König in die 
Schulter und rief: „warum störst du mein 
Luftreich, dafür sollst du sterben oder du giebst 
mir deine zweite Tochter zur Frau!" der König 
sagte: ja die sollst du haben, aber was giebst du 
mir dafür— Zwei Centner Gold sprach der 
Adler, und in steben Wochen komm ich, und hol 
sie ab;" dann ließ er ihn los und flog fort in 
den Wald. 
Der König war betrübt, daß er seine zweite 
Tochter auch einem wilden Thiere verkauft hatte 
und getraute sich nicht ihr etwas davon zu sa 
gen. Sechs Wochen waren herum, in der sie 
benten ging die Prinzessin hinaus auf einen 
Rasenplatz vor der Burg und wollte ihre Lein 
wand begießen, da kam auf einmal ein prächti 
ger Zug von schönen Rittern und zuvorderst 
ritt der allerschönste, der sprang ab und rief: 
„schwing, schwing dich auf, du Fräulein traut, 
komm mit, du schöne Adlerbraurl" 
und eh sie ihm antworten konnte, hatte er sie 
schon aufs Roß gehoben und jagte mit ihr in 
den Wald hinein als flög ein Vogel: Ade! 
Ade!! 
V Zn der Burg warteten sie lang auf die 
Prim 
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Prinzessin aber die kam nickt und kam nicht, 
da entdeckte der König endlich daß er einmal in 
der Noth sie einem Adler versprochen und der 
werde sie geholt haben. Als aber der dem 
König die Traurigkeit ein wenig herum war, 
fiel ihm das Versprechen des Adlers ein und er 
ging hinab, und fand auf dem Rasen zwei gsld- 
ne Eier, jedes einen Centner schwer. Wer Gold 
hat, ist fromm genug, dachte er, und schlug sick- 
alle schwere Gedanken aus dem Sinn! Da fing 
das lustige Leben von neuem an, und wahrre so 
lang, bis die zwei Centner Gold auch dmckge- 
bracht waren, dann kehrte der König wieder ins 
Waldschloß zurück, und die Prinzessin, die nock- 
übrig war, mußte die Kartoffeln sieden. 
Der König wollte kerne Hasen im Wald 
und keine Vögel in der Luft mehr jagen, aber 
einen Fisch hart er gern gegessen. Da mußte 
die Prinzessin ein Netz stricken, damit ging er 
zu einem Teich, der nicht weit von dem Wald 
lag. Weil ein Nachen darauf war, setzte er sich 
ein, und warf das Netz, da fing er auf einen 
Zug eine Menge schöner rothgefleckrer Forellen. 
Wie er aber damit ans Land wollte, stand der 
Nachen fest und er konnte ihn nicht los kriegen, 
er mochte sich stellen wie er wollte. Da kam 
auf einmal ein gewaltiger Walisisch daher ge 
schnaubt: „was fängst du mir meine Untertha 
nen weg, das soll dir dein Leben kosten!" dabei 
Kindermärchen. A a
	        
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