Z26
Liebe, mras es ihr nur an den Augen absehen
konnte. Sie aßen zusammen, und sie mußte
ihm aufschöpfen, sonst wollte es nicht essen, da
ward sie dem Thier hold, und endlich hatte sie
es recht lieb. Einmal sagte sie zu ihm: „mir
ist so Angst, ich weiß nicht recht warum, aber
mir ist, als wär mein Vater krank, oder eine
von meinen Schwestern, könnte ich sie nur ein
einzigesmal setzen!^ Da führte sie das Thier
zu einem Spiegel und sagte: „da schau hin
ein," und wie sie hineinschaute, war es recht
als wäre sie zu Hauö; sie sah ihre Stube und
ihren Vater, der war wirklich krank, aus Her
zeleid, weil er sich Schuld gab, daß sein lieb
stes Kind von einem wilden Thier geraubt und
gar von ihm aufgefressen sey, hätt' er gewußt,
wie gut cs ihm ging, so hätte er sich nicht be
trübt; auch ihre zwei Schwestern sah sie am
Bett sitzen, die weinten. Von dem allen war
ihr Herz ganz schwer, und sie bat das Thier,
es sollte sie nur ein paar Tage wieder heim
gehen lassen. Das Thier wollte lange nicht, end
lich aber, wie sie so jammerte, hatte es Mit
leiden mit ihr und sagte: „geh hin zu deinem
Vater, aber versprich mir, daß du in acht Ta
gen wieder da seyn willst. Sie versprach es
ihm, und als sie fort ging, rief es noch: „bleib
aber ja nicht länger als acht Tage «»6,"
Wie sie heim kam, freute sich ihr Vater,
daß er sie noch einmal sähe, aber die Krankheit
und das Leid hatten schon zu sehr an seinem
Herzen gefressen, daß er nicht wieder gesund
werden konnte, und nach ein paar Tagen starb
er. Da konnte sie an nichts anders denken vor
Traurigkeit, und hernach ward ihr Vater be
graben, da ging sie mit zur Leiche, und dann
weinten die Schwestern zusammen und tröste
ten sich, und als sie endlich wieder an ihr lie
bes Thier dachte, da waren schon längst die
acht Tage herum. Da ward ihr recht Angst,
und es war ihr, als sey das auch krank, und
sie machte sich gleich auf, nnd ging wieder hin
zu seinem Schloß. Wie sie aber wieder ankam,
wars ganz still und traurig darin, die Musi
kanten spielten nicht, und alles war mit schwar
zem Flor behängen; der Garten aber war ganz
Winter und von Schnee bedeckt. Und wie sie
das Thier selber suchte, war es fort, und sie
suchte aller Orten, aber sie konnte ee nicht fin
den. Da war sie doppelt traurig, und wußte
sich nicht zu trösten, und einmal ging sie so
traukiss im Garten, und sah einen Haufen Kohl
häupter, die waren oben schon alt nnd faul,
da legte sie die herum, und wie sie ein paar
umgedreht hatte, sah sie ihr liebes Thier, das
lag darunter und war todt. Geschwind holte
sie Wasser und begoß es damit unaufhörlich, da
sprang eö auf und war auf einmal verwandelt,