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Brunnenrand!" — Nun wenns weiter nichts
ist, dachte jener, das ist nicht schwer.
Nun zog er weiter fort mit der Prinzessin,
bis er endlich in das Dorf kam, worin seine
Brüder geblieben waren. Da war gerade ein
großer Auflauf und Lärmen, und als er frag
te: was da vorwäre? hieß e§, es sollten zwei
Leute aufgehängt werden, und als er naher
hinzu kam, sah er, daß es seine zwei Brüder
waren, die allerhand schlimme Streiche verübt
und alles verthan hatten. „Können sie denn
gar nicht mehr vom Tode frei werden?" —
Nein, es sey denn, daß ihr euer Geld an die
Lumpeukerls hängen und sie loskaufen wolltet.
Da besann er sich nicht lange, und zahlte, was
man verlangte; seine Brüder wurden freigege
ben und sehten mit ihm die Reise fort.
Und als sie in den Wald kamen, wo ihnen
der Fuchs zuerst begegnet war, da wars so lu
stig und lieblich in dem Wald, da sprachen die
zwei Brüder: „laß uns hier bei diesem Brun
nen ein wenig ausruhen, essen und trinken!"
und er sagte: ja. Unter dem Gespräch vergaß
er sich, und sehte sich an den Brunnenrand,
und während er sich nichts Arges versah, war
fen sie ihn hinterrücks in den Brunnen, nah
men die Prinzessin, das Pferd und tcn Vogel,
zogen heim zum König und sprachen: das ha
ben wir alles erbeutet und bringen es dw."
Da war eine Freude; aber das Pferd das fraß
nicht, der Vogel, der pfiff nicht und die Prin
zessin die weinte.
Ihr jüngster Bruder lag unten im Brun
nen, der zum Glück trocken war, und wiewohl
er kelns seiner Glieder gebrochen hatte, konnte
er doch keinen Weg finden, um heraus zu kom
men. Indessen kam der alte Fuchs noch ein
mal, schalt ihn aus, daß er ihm nicht gehört,
sonst wäre ihm nichts davon begegnet: „doch
aber kann ichs nicht lassen und muß dir her
aushelfen; pack an meinen Schwanz und halte
fest." Darauf kroch der Fuchs und schleppte
ihn zum Brunnen heraus. Wie sie oben wa
ren, sagte der Fuchs: „deine Brüder haben
Wächter gesetzt, die dich tödten sollen, wenn du
über die Grenze kämest." Da zog er armen
Mannes Kleider an, und kam unbekannt bis
an des Königs Hof, und kaum war er da, so
fraß das Pferd, so pfiff der Vogel und die
Prinzessin hörte Weinens auf. Da trat er
vor den König und offenbarte das Bubenstück
seiner Brüder und alles, wie es sich zugetragen
hatte. Die Brüder wurden ergriffen und hin
gerichtet, und er bekam die Prinzessin, und nach
des Königs Tode das Reich.
Lang danach ging er einmal wieder in den
Wald, da begegnete ihm der alte Fuchs und
bat aufs flehentlichste, er möchte ihn todtschie-