. Der RauberbrauLigam.
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Eine Prinzessin war mit einem Prinzen
versprochen, der bat sie mehrmals, sie möchte
ihn doch einmal in seinem Schloß besuchen,
allein weil der Weg durch einen großen Wald
führte, so lehnte ^sie es immer ab, aus Furcht
sich darin zu verirren. Wenn das ihre Sorge
wäre, sagte der Prinz, so wollte er schon hel
fen, und an jeden Baum ein Band binden,
daß sie den Weg gar nicht fehlen könnte; eine
Zeitlang suchte sie es dennoch aufzuschieben,
als ob es ihr heimlich gegraut hätte, endlich
aber gingen ihr alle Ausreden aus, und sie
mußte sich eines Tags auf die Reise machen.
Von Morgen bis zu Abend ging sie durch ei
nen langen, langen Wald, und kam endlich
vor ein großes Haus, alles war still darin,
bloß eine alte Frau saß vor der Thüre. „Kann
sie mir nicht sagen , ob hier der Prinz mein
Bräutigam wohnt?" — Gut, mein Kind, ant
wortete die Frau, daß ihr jetzt kommt, da der
Prinz nicht zu Haus ist; ich habe Wasser müs
sen tragen in einen großen Kessel, da wollen
sie euch umbringen, kochen und hernach essen.
Indem kam der Prinz mit seinen Spitz
buben vom Raub heim, weil aber die Alte mit
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der Jugend und Schönheit der Braut Mitleid
hatte, sagte sie, eh jemand darauf merkte: ge
schwind hinunter in den Keller, hinter das gro
ße Faß, da versteckt euch! Kaum war die Prin
zessin dahinter gewischt, so kommen auch die
Raubgesellen in den Keller gegangen und führ
ten eine alte Frau mit sich gefangen, die Prin
zessin sah wohl, daß es ihre Großmutter war,
denn aus ihrer Ecke heraus konnte sie alles
mit anschauen, was da vorging, ohne daß sie
von einem Auge bemerkt wurde. Die Spitz
buben nahmen die alte Großmutter, ermorde
ten sie und zogen ihr alle Ringe von den Fin
gern, einen nach dem andern ab, nur aber der
Ring vom Goldfinger, der wollte nicht herun
ter, da griff einer ein Beil und hieb den Fin
ger ab, der Finger aber sprang hinters Faß
und fiel gerade in den Schooß der Prinzessin.
Nachdem die Spitzbuben lange vergebens um
den Finger herum gesucht haben, fing endlich
einer an: habt ihr wohl schon hinterm großen
Faß gesucht? — Laßt lieber das Suchen bei
Lichte seyn, sagte ein anderer, morgen früh wol
len wir suchen, da werden wir den Ring bald
haben."
Hierauf legten sich die Spitzbuben in dem
selben Keller zum Schlaf nieder, und wie sie
schliefen nnd schnarchten, ging die Braut hin
term Faß hervor, da lagen sie alle reihenweise.
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