Full text: Brief von Adolf Friedrich Hesse an Louis Spohr

Breslau d. 5ten Dezember (Todestag
Mozarts.) 1843.

Hochgeehrtester Freund und Gönner!

Seit Empfang Ihres letzten werthen Schreibens ist eine geraume
Zeit verflossen, weshalb ich Sie wieder mit einigen Zeilen
behellige. Zuerst vor allen Dingen die Nachricht, daß am vorigen
Freitage den 1st und Sonntag den 3t. Dezember im neuen Theater
zum erstenmale Ihr Faust und zwar recht gut gegeben wurde.
Das war ein Hochgenuß für uns alle, dieses Werk, das mit
jedem Jahre im Preise steigt, wieder zu hören.
Faust ist dasjenige Ihrer Werke, bei dem auch Ihre Neider
schweigen, weil sie sich nicht blamiren wollen. Man kommt
von Anfang bis Ende gar nicht aus dem Schwelgen
heraus, und Kahlert hat in seinem Berichte der anderen
Zeitung recht, weil er sagt, daß sich einzelne Schönheiten
fast gar nicht hervorheben lassen, doch sagt er auch,
und das ist auch meine Meinung, daß weder vor noch
nach Ihnen, noch von Ihnen selbst noch einmal ein Stück
komponirt wurde, wie das Terzett: Ich kann nicht ruhen,
ich kann nicht rasten. Darüber geht nichts. Diese
Nummer überragt noch das ganze übrige Meisterwerk.
Über unser Orchester würden Sie sich gefreut haben, wie
schön es diese Oper spielt, und wie schön alles in dem
herrlichen Hause klingt, und wie gemüthlich kann man
in den Zwischenakten im großen, schönen Promenaden-
Saale, oder in Restauration und Konditorei seine Meinung
austauschen. Es waren viel Proben vorher und noch eine

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