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Der so bekannte und geschickte Bildhauer Kü st Hardt in Hildes heim hat
dann drei Stuck derselben verfertigt, welche dem Künstler zur Ehre gereichen.
Eins befindet sich im Wclfen-Museum in Herrenhausen, welches Schreiber Dieses
gesehen und sich darüber gefreut hat. Das andere ist nach Berlin gekommen und
das dritte befand sich vor einigen Jahren noch im Atelier des Herrn Küsthardt.
Ein anderes altcrthümliches ganz bedeutendes Kunstwerk aus jener Zeit ist die
große metallene Taufvase in Form einer Urne, gegossen von kostbarem Metall und
mit hochgehobenen Figuren — en haut relief — reich geziert.
Das Ganze ist eine bildliche Darstellung der ältesten christlichen Vorstellung
von der heiligen Taufe und ihrer Absicht und Wirkung. Der obere Theil der Tauf
vase stellt die heilige christliche Kirche und die Gemeinde der Heiligen vor Der
untere Theil das Heidenthum oder die Abgötterei mit ihrem Aberglauben und unreinen
Werken. Beides zusammen stellt den Sieg und Triumph der christlichen Religion
über das Gottlose auf Erden dar. Denn unter dem Prachtgefäße, a» welchem unter
Thronhimmeln die Figuren der Heiligen und der Märtyrer des Christenthums in
Gold- und Prachtgewändern abgebildet stehe», ist das Heidenthum und die Abgötterei
znm Schemel der Füße niedergelegt. Abgebildet sind die Götzen in niedergedrückter
Gcsta't. Auf ihren niedergebeugten Nacken müssen sie jetzt die Verehrung des wahren
Gottes als Sclaven tragen.
Man hat die Götzen dargestellt als Unholde, als häßliche Niesen, die in Drachen
endigen und auf Drachenköpfen und Höllenthieren sitzen.
So merkwürdig nun die Gedanken, welche in der Bildnerei dieser Taufvase aus
gesprochen sind, eben so bedeutsam ist sie aber auch als altes Kunstwerk.
Sie hat beinahe 6 Fuß im Umfange und ist mit der Stufe über 4 Fuß hoch,
besteht ans gutem Metall, dem Klange nach eine Composition von englischem Zinn
und Kupfer: ob aber auch ein Zusatz von L-ilber darunter ist, wie Manche glauben,
kann man nicht bestimmen.
Die Verzierung besteht in einem hochgearbeiteten Kreise von 15 vollkommen
richtig gezeichneten, schön drappirten und scharf und fein ausgearbeiteten Figuren.
Die Heiligen und Märtyrer halten die Marterwerkzeuge, durch die sie den Tod
empfingen, in den Händen. Eine ächte Vergoldung auf purpurfarbenem Grunde zieret
sie und über ihren Häuptern sind aneinandergereihte Tempelbogen.
ES find: Johannes, Petrus, Andreas, Jacobus rnajor, Paulus, Judas Thaddäus,
Jacvbus minor, Philippus, Blasius, Nicolaus, Matthias, Bartholomäus, noch eine
männliche Figur, dann der Kaiser und die Kaiserin.
Unter dem Kreise dieser Figuren steht die Inschrift in gothischen Minuskeln:
„Anno Domini MCCCXCII dominica Palmarum illud vas baptismi factum est per
Magistrum Nicolav de Stetten.“
Zu deutsch: „Im Jahr 1392 nach Christi Geburt, in der Woche vor Ostern
(6. April), ist diese Taufvase vom Meister Nicolaus von Stettin gemacht worden."
Im Jahre 1621 ließ unser Magistrat einen pyramidenförmigen 3 Fuß hohen
Deckel darauf verfertigen. Es war ein Meisterstück der Holzschneidekunst und stellte
die Taufe Christi im Jordan vor.
Bei einer Restauration des Chores im Jahre 1823 äußerte Jemand: „Das
alte staubige hölzerne Schnitzwerk sei auch nicht mehr modern und könne beseitigt
werden!" in welchen Ausspruch sogleich, wie Schreiber dieses bezeugen kann, mehrere
Maulenschwätzer einstimmten, so daß dies Kunstwerk in eine Ecke trausportirt wurde,
wo es dann auch gleich zu Grunde ging.
Als aber kurz nachher ein Schreiben aus dem Lüneburgischen hier eintraf, worin
um eine getreue Zeichnung dieses künstlichen Deckels gebeten wurde, da konnte man
nur blos dasselbe mit tosen, ungcgründeten Entschuldigungen beantworten,