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daß es gleichwohl dein beschädigten Theile benom
men ist, seine Privat - Genugthuung selbst zu
suchen, und seine Gerechtsame zu vertheidigen.
Ein großer wesentlicher Vorzug gegen jene Ju
stiz-Verfassung, wo die Verfolgung der Verbre
chen nur den Privat - Leidenschaften überlassen
war. Wo die ganze Staats - Gesellschaft mit
tel- oder unmittelbar beleidigt worden ist, da
darf auf die Gemüthsstimmung eines einzelnen,
der verzeihen oder verfolgen will, nichts ankommen.
Der Art. IO. schreibt daherj vor, durch wenn-
und unter welchen Bedingnissen diese öffentliche
Beamte und der beschädigte Theil die Vorla
dung vor das Tribunal besorgen lassen müssen;
und Art. ir. bestimmt die Vorladungs-Frist
wenigstens aus 4 Tage. Da der Vorladende
ohne Zweifel immer diese kürzeste Frist wählen
wird, und es Fälle geben kann, wo solche zu
kurz seyn möchte, so hat zwar die Kommission
auf eine achttägige angetragen, welche aber aus
dem Grunde nicht gestattet worden ist, weil
der Tag der Vorladung und des Erscheinens
nicht mitgerechnet, für jede Entfernung von Z
Meilen noch ein Tag zugegeben, und daher um
so mehr für zureichend gehalten worden ist, als
die Verfolgung der Vergehen in der Regel ei
nen raschen Gang verlangt,
Zm Art. iZ. ist fcstgesezt, daß wenn der
Vorgeladene nicht erscheint, in Contumaciam
gegen ihn erkannt, das heißt nach i.age der
Sache gegen ihn ver-fahren werden soll. Wird
er durch ein Contumacias Erkenntniß verurtheilt,
dann kann er nach Art. 14. dagegen das Rechts-
mittel der Opposition ergreifen, und er bezahlt
nur dem Ankläger die durch das erste Verfah
ren veranlaßte Kosten. Ist er durch solche un-
vermuthete Zufalle am Erscheinen verhindert wor
den, daß er nicht einmal eine Anzeige hat ma
chen können, so soll das Tribunal keine Ge
bühren für das Erkenntniß erheben. Eine billige
selbst auf dje ungewöhnlichste Ereignisse berech
nete Rücksicht.
Der Art. 17. bestimmt die Art und Weise,
wie der Ankläger, der beschädigte Theil, der
Angeschuldigte, die Zeugen vernommen, und
die öffentliche Instruktion geschehen soll. Diese
Vorschrift gründet sich auf die Natur der Sa
che, auf praktische Erfahrung, und kann mit
hin nicht anderst als zwekrnäßig angesehen,
werden.
Vielleicht wäre besser gewesen, und die Kom
mission hat deswegen darauf an-getragen: den
Tribunalen in einzelnen dazu besonders geeig
neten Fällen zu überlassen: die Zeugen nicht in
Gegenwart des Anklägers oder des Angeschul
digten zu verhören, sondern ihnen deren Aus
sagen nur bekannt zu machen, weil mancher
Zeuge nicht stark genug seyn möchte, dem einen
oder dein andern, mit welchem er in besondern
Verhältnissen stehet, die Wahrheit ins Gesicht
zu sagen. Ist dasAmt eines Zeugen nicht schon
lästig genug? soll es ihm dadurch noch schwerer
ge-macht werden, daß dem untergebenen — dem
zu Danck verpflichten — dem Schuldner zugemu-
thet wird, seinem Vorgesetzten, seinem Wohlthä
ter , seinem Gläubiger entweder das bczüchtigte
Verbrechen, oder die Unwahrheit der Anklage
von Angesicht zu Angesicht zu bekunden? wird
nicht eben dadurch die Wahrheit zuweilen unter--
drückt, wenigstens oft verschleiert werden?
Allein man hält den Grundsatz der Zeugcn-
abhörung in Gegenwart des Anklägers und des
Angeschuldigten so enge mit dem ganzen Gebäude
der heutigen öffentlichen Instruktion der Vergehen
verbunden, daß es durch eine Abänderung darinn,
in seinen Grundpfeilern erschüttert werden würde,
und die Bemerkung Ihrer Kommission ist daher
nicht angenommen worden. Wir wollen hoffen',
daß das, was dadurch vielleicht zur Verdunklung
der Wahrheit geschehen kann, auf der andern Seite
wieder zu ihrer Beförderung gereicht; indem nicht
zu verkennen ist, daß durch eine solche Zusam
menstellung dem einen und dem andern Theile die
Mittel erleichtert werden, dem sich irrenden, leicht-