für jede Messe 50-100 Rthlr. habe bewilligen wollen, berief, hat offenbar seine Wirkung
nicht verfehlt: die kurze Randbemerkung „50 Thlr. alle meß" war ein ebenso überraschen-
der wie befriedigender Erfolg. War damit doch zum 1. Mal eine bestimmte Summe festge-
legt, die für Neuerwerbungen verwendet werden sollte; ihre Höhe - 100 Rthlr. jährlich -
ließ eine erfreuliche Entwicklung der Bibliothek erhoffen. Daß diese Bewilligung am
10.April 1665 ausdrücklich bestätigt wird mit der Auflage, daß Angelocrator „alle vndt
jedemahl eine specification derjenigen bücher so man auß denen Franckfurter Messen oder
sonsten mitbringen zu lassen gewillt, in zeitten vbergeben"27) soll, mutet schon wie eine
Erinnerung an, läßt also den Verdacht aufkommen, daß von der Bewilligung bisher kein
Gebrauch gemacht wurde. In der Tat stellt eine Verfügung an die Rentkammer vom
1. Februar 1672 (A. L. B.) fest, daß aus dieser Bewilligung nun 600 Rthlr. zur Verfügung
standen - Angelocrator kann also in nur ganz geringem Umfang davon Gebrauch gemacht
haben. Daß man daraus den Schluß zog, der bewilligte Betrag sei zu hoch, und ihn deshalb
um die Hälfte kürzte, kann nicht Wunder nehmen; es war aber erfreulich, daß der ange-
sammelte Betrag zur Verfügung blieb und es seinen Nachfolgern ermöglichte, ihn innerhalb
der nächsten 3 Jahre zu Ankäufen zu verwenden -- 1673 wurden rund 150, 1674 rund 300
und 1675 wiederum rund 150 Thlr. verausgabt. Von früheren Ankäufen Angelocrators
wissen wir nur, daß er am 17. Dezember 1666 die Büchersammlung des Hofmalers Engel-
hardt Schäffler für 12 Thlr. erworben hat. Daß die schon 1661 gebotene Möglichkeit, die
wertvolle Bibliothek des Sartorius zu erwerben, „weille solche von schonen vndt raren
büchern vndt itziger Zeit solche nicht mehr bald zu bekommen sein; dieweilen nun die-
selbige itzo von den papisten gesucht wird"28), nicht ausgenutzt wurde, ist nicht Angelo-
crators Schuld; die Randbemerkung „Sartorius ist zu gönnen, daß er seinn Bibliothec so
hoch er kan Verkauffe" läßt darauf schließen, daß man den geforderten Preis nicht auf-
wenden wollte.
Eine weitere, höchst bedeutsame Anregung gab Angelocrator in ebendemselben Memo-
rial: „Ob nicht der Uberrest der Fuldischen Bucher, so noch im Schloss bey der Kirch-
Stuben stehen, zu den ubrigen auf die FürstLBibliothec möchten gebracht werden." Es
handelt sich um die J esuitenbibliothek, von der der Fuldaer Chronist Gangolf Hartung unter
dem 20. März 1632 berichtet, daß „auß der Bibelliteck fohl Bucher gelahten vndt auch mit
nach Kassell geführt" wurden 29}. Es war eine recht beträchtliche Anzahl von Werken zur
katholischen Theologie, die nach der Überführung zum größeren Teil in die fürstliche
Bibliothek verbracht wurden; ein „uberrest" war im Schloß aufgestellt worden und dort
verblieben, bis auch dieser Teil wohl noch im April 1661 der Bibliothek einverleibt wurde.
Vermutlich befanden sich auch die Fuldaer Handschriften dabei, die noch heute - es
sei hier nur das Hildebrandslied genannt - zu den wertvollsten Kostbarkeiten der Landes-
bibliothek zählen a").
Angelocrator machte in dem mehrfach erwähnten Memorial vom 6. April 1661
schließlich noch einen Vorschlag, der als erster Anstoß zur Schaffung einer Bibliotheks-
ordnung angesehen werden muß. Offenbar unter dem Eindruck der Schwierigkeiten, die
sich aus der Verleihung an Crocius ergaben, bat er den Landgrafen um einen Befehl, „das
27) Verfügung d. d. 10. April 1665. A. L. B. V, 1.
28) Memorial Angelocrators, prs. 6. April 1661. A. L. B. II, 1.
29) Eine Fuldaische Chronik aus der LHälfte des 17. Jahrhunderts von Gangolf Hartung. Hrsg. von
Gegenbaur. Progr. d. Gymn. zu Fulda 1863. S. 28 f.
30) Über die Einzelheiten dieser Erwerbung, die Herkunft der Drucke und Handschriften usw. vergl.
Scherer a. a. O. S. 241-245. Hier ist auch die übrige Literatur angeführt. Genaueres über die Kostbarkeiten
dieser Erwerbung und die Handschriften im II. bzw. III. Teil dieser Festschrift.
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